Schwarznächtig
von Käthe Knobloch
Ich brach auf in eine schwarzschwarze Nacht. Fast mußte ich den Weg mir ertasten. Kein Mondbruder, hoflos oder nicht, der den Weg mir wies. Kein Zivilisationslicht, nichts. So ein tiefes Schwarz habe ich selten gesehen. Endlich im Auto. Die Scheinwerfer meines Bullys brachen durch die steigende Beklemmung. Schnell, schnell durch diese abyssalische Nacht. Da unten, gerade vor mir, schimmern dann die diffusen Lichter der Stadt. Ein Rotlicht zeichnet sich ab. Näher presche ich. Rase auf die Kreuzung zu, an der mir das Rotlicht Einhalt gebieten will. Mir, die ich einsamer nicht sein könnte in diesem Moment der schwarzschwarzen Nacht. Ich habe das Rotlicht schlichtweg überfahren und von Herzen verlacht.
So grotesk, mitten in tiefster Nacht, Einhalt von einer Ampel zu bekommen.
Und dem auch noch brav folgen.
Brav die eine Minute, die kleine, dämliche Ewigkeit abwarten und sich dabei so grunddoof vorkommen.
No Mam, No Sir, nicht mit mir :)
Da bricht die Revolte durch :)
Der Taschenanarchist darf raus und in der Blechkiste wüten.
All diese bravdämlichen Kleinewigkeiten, die unsere Zeit verknappsen! Bravorös verbrettert.
Recht so.
Ich 15 Jahren werden sie uns die bedarfsgesteuerte Ampel als xtes Weltwunder anbieten.
Welch Vorstellung, dass sie nur dann funktioniert, wenn sie gebraucht wird.
Vorfreude….
Als könnte man Bedürfnisse steuern. Humbug, das alles. Wir werden gesteuert und lassen das auch noch zu. Ich glaube, ich mache noch ’ne Lehre. Als Steuermann. Ähem, -frau.
Gerade war noch Anarchie und Freigeist und schon soll gesteuert werden.
Mag Frau dazu auch noch so gut geeignet sein, ich fahr dann doch lieber bei rot…
Ich würde ja nur durch Wildwasser steuern, fernab der behäbigen Routen, Stromschnellen und Strudel suchend.
Ab nach Aventurien!
Da wimmelts von reissenden Flüssen, Wirbeln und Strömen.
Mich würde auch Nimmerland reizen, dem Hooke ein wenig um den Barte gehen.
Da kann man fliegen..
Das nehm‘ ich auch…
Die bessere Wahl.
Und Piraten reizen fetzt ja auch ungemein.
Nun, auch ich stand nächtens einmal vor der Entscheidung an einer roten Ampel anzuhalten. Es war weit und breit gar niemand zu sehen. Weder von rechts noch von links noch von gegenüber. Einzig ganz entfernt im Rückspiegel konnte ich zwei Scheinwerfer erkennen. Ich entschloss mich ohne zu warten rechts abzubiegen. Und schon wurde das Farbspektrum um die schöne Farbe blau erweitert. Nein, ich war nicht blau, auch wenn die Dame und der Herr in Grün anderer Meinung war.
Gaaaanz schlimmes Vergehen. Doch, doch, das muß geahndet werden. Die innere Furie atmet hörbar tief ein.
Die innere Furie ist eine ziemliche Spießbürgerin, oder?
Na, hoffentlich hat sie das jetzt nicht gelesen! Die schnaubt doch wegen der Grünlinge. Heute Nacht war sie es, die den Bleifuß hatte.
Ah, nach außen die Spießbürgerin und innendrin die Gesetzeslose?
Sir, Sie haben mein wahres Wesen erkannt. Ich ziehe meinen Borsalino.
Sie Teufelskerl, Sie
Teufelskerlin. Kerline. Teufelskerloese. Ja, das klingt famos. Kann die innewohnende Greten auch schön spitzmündig abfällig flöten. Teüfülskerlöööse.
Jetzt ist die Grete zur Gör gezogen?
Neenee, ich habe doch meine eigene innewohnende Greten. Tritt zu Glücke nur selten in Erscheinung.
Sie bleiben mir ein ewiges Mysterium
Dabei bin ich so simpel gestrickt. Eine links, eine rechts, eine fallenlassen.
Ich kann nicht stricken
Merken Sie sich nur das fallenlassen. Paßt immer irgendwie.
und der famose Liebmensch fängt Sie immer wieder auf?
Der am Oberallermehrsten. Ist aber im Grunde der Joker unter den Auffängern. Am besten ist es auf sich selbst zu achten. Vielleicht mit einem Gleichnis erklärt: Bergsee. Springen. Vertrauen, daß man aus eigener Kraft auttaucht. Auftauchen. Punkt.
Uiuiui, so ein kalter Bergsee. Ein sehr kaltes Gleichnis. Ich dachte vielmehr an Stagediving in Anbetracht Ihres kritisierten Tanzstils.
Sie verwechseln die Vorlieben des innewohnenden Gör’s mit den meinen. Oder ich. Aber ich darf das ja.
Gibt es da wirklich noch einen Unterschied?
Tausende! Sie kennen die anderen Innewohnenden noch nicht. Nicht attestierte Schizophrenie ist unerschöpflich.
Wie behalten Sie da den Überblick?
Überblick? Welchen Überblick? Die machen doch eh‘ alle, wasse wollen.
In meinem Kopf sind immer tausend Lieder. Musik ist sowieso Teil meines Lebens. Spontan fiel mir zu deinem Text diese Zeile ein: „Sie sind grün und wenn wir vorübergeh’n dann tu bitte so, als hättest du die Farbe nicht geseh’n“ Aber frag mich nicht wo und wann ich das Lied gehört habe! Vermutlich in stockfinsterer Nacht beim Kiesewetterleuchten ;-)
Kiesewetterleuchten bei Nacht fetzt. Und Lieder im Kopf sind megabonfortionös. Mir schwirrt auch immer der Hohlraum vor lauter Takten. Ah, und dazu tanzen erst… Das ist dann orbitös.