Claras Chronik 15.01.2014
von Käthe Knobloch
Lieber Victor, ich weiß nicht, wovon ich zuerst berichten söllte. Fasan? Orion? Bettelbruder? Oder von den Dingen, die man vermißt, obwohl man sie noch gar nicht besitzt? Ohweh, ich fürchte, Sie mit derley Fragen zu verstören, sind Sie doch bestimmt selbst randvoll davon. Lassen Sie mich flüsterstimmig nur berichten. Das Geheimnis um die vermißthabendwollenenden Dinge habe ich noch nicht gelüftet. Aber das Rotkehlchen gab mir dünnbeinchenwippend einen Ratschlag. Ich werde demnächst diesen befolgend, die alte Weide aufsuchen und schauen, was die Silbergraukuschelköpfchen zu wispern haben. Dem Bettelbruder wiederum, dem habe ich heute entgegen jedweder Vornahme erneut fünf Groschen gegeben. Das Glitzern in seinen Augen war echt. Leider genügte dem Vagabunden das nicht. Ersuchte sogleich um einen weiteren Kredit. Was ich ablehnte, ablehnen mußte. Denken Sie jetzt bitte nicht, ich sei hartherzig, lieber Victor. Aber der Bettelbruder schuldet mir bereits dreiunddreißig Taler. Die ich ihm gab in allerhöchster Not vor Jahresfrist. Ich fürchte, er wird es nie zurückzahlen. So teile ich weiterhin zwar mein Ausschankgeld, doch leihen mag ich ihm nichts mehr. Lieber Victor, der Orion? Der läßt mich ratlos zurück. Der scheint sich immer flinker über den Dachfirst zu purzelbaumen. Kehre ich abendstundig nach Hause, nimmt er vorderhäusig Anlauf, nur um Stündchen später hinterm Haus, wo mein Nachtlager ist, blinzelnd mich zu wecken. Lassen Sie mich flugs noch vom Fasan berichten, mein Lieber. Können Sie sich mein Entsetzen vorstellen, als ich heute sah, wie der Fasanenvater seine zwei Jährlingssprößlinge aus der Winterüberlebensgemeinschaft vertreiben wollte?! Im Jänner! Ich bitte Sie! Wie sollen diese Jungspunde denn einen Winter, der sicherlich noch rauhnächtig kommt, neureviersuchend überleben? Wie konfus doch dieses Jahr beginnt. Wobei man raunte, die geradezahligen Jahre wären die fahrwasserruhigsten. Ich habe eher den Eindruck, diesjährig erfolgt ein furioser Überschlag. Gleich den Feuerrädern, die ich in der Jahreswechselnacht allüberall am Firnamente sich drehen sah. Mein lieber Victor, bitte verzeihen Sie. Ich wortüberschütte Sie. Aber sehen Sie, meine Notate helfen auch mir, nicht vom Pfade abzuweichen. Und darum ersuche ich auch Sie: Bleiben Sie auf Ihren ureigensten Pfaden, folgen Sie den Schlängelwegen, denn ich erneuere mein Versprechen: Am Ende des Weges erwarte ich bernsteingoldenaurig Sie. Immer die Ihre, Clara.
Heute hinterlege ich für Sie als Gruß die Eleganz einer zartsichhingegebenen Tulpe.
Ich stochere weiterhin im Nebel
Ich empfehle Ihnen, Clara einfach als ein weiteres Mitglied der Knobloch’schen Mischpoke anzusehen. In einer Parallelwelt sich befindend.
Diese Annahme habe ich bereits getroffen. Ich hadere allerdings mit den Zeiten. Es scheint manchmal das Jahr 2014, manchmal wäre 1914 viel passender.
Parallelwelt. Clara ist eine aus der Zeit Gefallene, eine Weltenwanderin. Kann sein, daß sie morgen ganz woanders ihre weltbestaunenden Augen aufschlägt. Ich weiß das selbst immer nicht, wenn Clara mir die Feder führt.
und so sitze ich hier und schüttele mal wieder erstaunt den Kopf über Sie und Ihre Gören. Und dabei umschließt ein freudiges Lächeln meinen Mund, der sich freut Sie kennen gelernt zu haben und sich bewusst ist, dass er Sie nie kennen wird. Aber das ist gut so.
Ich fürchte, die innere Mischpoke ist tatsächlich in der Übermacht. Darf ich Ihnen ein klitzekleines Geheimnis anvertrauen? Ich staune selbst über mich. Und über all‘ die Famosfabulierer und Wortkapriziösen, die wir uns gegenseitig inspirieren, fördern und fordern sogar. Was ich schreibenderweise verarbeitet, verinnerlicht habe anfangs noch sehr düster, dann immer heiterer bis hin zur Worttanzerei, es ist mir unbeschreibliches Vergnügen geworden. Und die immer noch auftauchenden Nachtmahre, die banne ich mittlerweile schreibenderweise in eine der vielen Kladden. Auch ich, mein lieber Sir Alec, freue mich, Sie nichtkennendkennengelernt zu haben.
Ich mag Chroniken. Und ich mag Parallelwelten. Und ich mag Chroniken aus Parallelwelten, in denen sich Feinwörtersprechende Klärchen umhertreiben.
Wer eine Elfe seine Herzenseigene nennt, der muß zwangsläufig ausderweltgefallene Claras lieben. Ich grüße die Regenbogenkriegerin, die liebliche.
Regenbogenkriegerin – gefällt mir!
Ich sende weiter. Victor frohlockt !
Clara läßt herzliche Grüße ausrichten an Victor. Frohlocken macht auch sie frohwohlgemuth. Und ich grüße Sie, lieber Versteckterpoet.
Parallelwelten
Anderwelten
Wortwelten
Imaginationsräume
Orbitwolkenkuckucksheim
Konzerte der Freigeistigkeit
Ahoi
Ich kann mich gut in Clara hineinversetzen, werte Frau Knobloch mit Ä und doppelt O. War es die vergangene Nacht bei mir allerdings nicht der Orion, der mich durch die Nacht begleitete, sondern Luna umschmeichelte mein Feldlager und versorgte meine Wenigkeit mit abenteuerlichen Träumen. Auch mein Blick auf das skalierte Temperaturmessgerät lässt meine Gedanken nun in das Jugendalter gleiten.
*seufz* Waren das noch Zeiten, als ich San Juan Capistrano plündern durfte und man nicht auf den Hornung hoffen musste, um im Schnee seinen kindlichen Trieben folgen zu können. Aber ich schweife nun ab und übertextschwalle Sie nun.
Ihr von lunösen Gedanken umwobener Hügellandgnom
Ich heiße Sie herzlich willkommen, werter Hügellandgnom. Abschweifer und Textüberschwaller sind hier überaus gerne gesehen. Die passen nämlich bonfortionös zur Knobloch’schen Mischpoke. Und von San Juan Capistrano dürfen Sie gerne ausführlich berichten. Plündergeschichten fetzen. Aber ich muß Ihnen leider Widerworte entgegensetzen. Lieber Schnee zu Hornungszeiten, als beim Tanz mit Bruder Märzen. Ich grüße diesmal sowohl luna-, als auch orionlos genächtigt. Herzlichst, Käthe Knobloch.
Ach werteste Frau Knobloch mit Ä und doppelt O, San Juan Capistrano ist eine Geschichte aus einem meiner vorherigen Leben, in denen ich mich als Argentinischer Korsar im Kampf mit den Spaniern befand.
Am 16 des Julmondes im Jahre des Herrn 1818 kreuzte ich vor der Kalifornischen Küste umher.
Da wir nach einigen Gefechten ohne Vorräte und erholungsbedürftig waren, bat ich den Comandante de la ciudad um Nahrung und Munition. Nach seiner unverschämtösen Entgegnung er habe Schießpulver und Kugeln für meine Schiffe, bestand meine Antwort im Aussenden von 10 Händen voll meiner Mannen. Wir holten uns also was wir benötigten und brannten das jämmerliche Nest dann kurzerhand nieder.
Das meine Werteste waren noch aufregende Jahre, dagegen ist mein jetziges Leben als HLG im Südwestfälischen Regenwald eher ruhig und bescheiden. Die einzig kriegerische Handlung hier ist die fotöse Jagd des linken Webterroristen, der nicht mal davor zurückschreckt anderen das als lohnendesZiel zu verkaufen, auf meine Wenigkeit.
Aber keine Sorge, ich bin gut gewappnet und werde zum Gegenschlag ausholen.
Nachdem ich sie nun abermals übertextschwalle, bereite ich mich lieber auf fotöse Abenteuer vor.
Ihr sich im fotösen Jagdfieber befindlicher Hügellandgnom
Potzblitz! Ein Korsargewesener! Sie sehen mich angemessen entzückt. Ein wildverwegener Brandschatzer sogar. Herjehmitmineh.
Und hüten Sie sich vor dem linken Webterroristen, ich kenne den zwar noch nicht lange, aber man munkelt von Alienbesuch und Schlangenbeschwörung.
Beste fotöse Ausbeute wünschend, herzlichst, Käthe Knobloch.
Liebe Käthe, grüssen Sie Clara. Schwesterwelten – das passt irgendwie besser als Parallelwelten, denn die Vorstellung, dass Clara von ihrem Blute hat, und durchaus von ihren Gedanken und Gefühlen, ist doch nichts, was uns Leser Sorge bereiten müsste.
Und noch dies: Ich komme hier momentan immer mit tagelanger Verzögerung angetastet. Verzeihung hierfür, aber die Zeit türmt mir gegenwärtig ZutunBerge in den Besucher-Bully, so dass ich kaum vorwärts komme im Web.
Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen. Da gibt es nichts zu verzeihen. Ich freue mich, selbst wenn Sie einen Liebgruß noch aus vormonatigen Texten senden würden.
Lieber Herr Lebenseigener, das werde ich gerne weitergeben, auf daß der Gruß sie erfreue. Ich fürchte, Clara weilt derzeit an einem gar düsteren Ort, ich vernahm verhaltenes Schluchzen.