Als wäre ich je in Amerika gewesen
von Käthe Knobloch
Vielleicht sind Knoblochminiteilchen an Amerikas Gestaden gelandet, meine ureigenen waren es nie. Ich hatte als Junggör‘ einen Sommer lang mein persönliches Amerika. So benamst ward der stilltiefkalte See, mittenwaldig versteckt. Nur wenige besuchten ihn, die Pfade hin zu ihm waren holprigsteinigmeilenweit. Durch sirrendflimmerstaubige Felder, begleitet von Lerchengesang, sodann willkommengeheißen unter frischschattigem Blätterdach noch ein ganzes Stück des Weges, eine letzte Kurve und ruhigschimmernd lag der See vor mir. Ich vertraute der Böschung den Drahtesel und meine Gewänder an und ergab mich dem dunkelsten aller Wasser, die ich je sah. Zeitchen später lag ich unter den sanftmurmelnden Bäumen und der Streichelwind machte mich gänsehäutig. Dort, an meinem Amerika, beweinte ich meinen ersten Jungmädchenliebeskummer und auch mein erstes unschuldiges Seufzen, eigenhändig ertastet, verhallte zwischen Dunkelwasser und Blätterdach. Vielleicht hat dieser Ort mein Kindheitsende befeuert, es war der letzte Sommer für mich im Heimatdorfe. Ich war seitdem nicht mehr dort, hatte mir nie die Zeit genommen. Nun lieh ich mir der Brudersfrau Rad und befuhr fremdvertraute Wege. Mein Amerika hat jemand anderes inzwischen in Besitz genommen. Gerodet, umzäunt, urbar gemacht. Das einst so ebenholzschwarze Stillwasser getrübt, verlandet gar. Meinem inneren Amerika passiert das nicht. Ich habe mir einen Stein von da mitgenommen und halte mein Amerika in Hand und Herz fest. Für immer mein.
Country road, take me home, to the place…
Eher: Stoppelfeldpiste, take me home, to the place I was alone..
Dafür war es aber so wie Sie es sich vorgestellt haben. Ich kann mich noch daran erinnern wie ich das erste Mal in USA war und sehr enttäuscht, da es so anders war, als ich es mir vorgestellt hatte.
Deshalb ja verweigere ich mir jedwede Vorstellerey, sowohl von Orten, als auch Persönlichkeiten. Enttäuscht wird man doch nur, weil das vorgestellte Bild das falsche ist, nicht das wahre. Ich hätte wirklich mein Amerika mitten in Ostsachsen gerne noch mal so wiedergesehen, wie es mir verinnerlicht war. Sollte nicht sein. Jetzt ist es umso inniger in mir festgeklöppelt.
Respekt, meine Liebe. Das kann ich nicht. Ich muss mir Dinge vorstellen. Die treffen dann nie so ein.
Sie erkennen das Dilemma. Probieren Sie doch mal den nächsten Schritt…
Auf dem Weg ins Wochenende stehe ich auf dem Schlauch. Ich wünsche Ihnen trotzdem alles Gute.
Ich begutwünsche Sie natürlich auch. Die Aufdemschlauchsteherey ist Ihrer Bildmacherey geschuldet. Zitat: „Ich muss mir Dinge vorstellen. Die treffen dann nie so ein.“…falls Sie dieses bedauern, können nur Sie es ändern. Aber eigentlich müssen Sie das nicht. Sie sind genauso famos, wie Sie sind.
Danke sehr. Habe es schon oft versucht mir kein Bild zu machen (klingt wie in der Bibel) aber das Ergebnis ist, nun ja.
Ich stelle mir die Ernüchterung, wenn Vorstellung und Realität aufeinander krawummsen, äußerst unfein vor. Und gerade beim Bloggen doch sehr irreführend.
Welch ein Übeltäter…aber auch Amerika wurde längst urbar gemacht und versandet immer mehr.
Die amerikanischen Schicksale scheinen sich zu ähneln. Im Miniaturknoblochuniversum und im Weltenlauf.
Ja, behalten, liebe Frau Knobloch, das kann Ihnen keiner nehmen, niemals!
Es ist ein famoser Trost, gewisse Erinnerungen ganz tief drin zu tragen und zu hegen. Ich hätte zwar gerne mein Amerika wiedergesehen, aber das ist wohl auch ein Preis, den Nestflüchter bezahlen müssen…diese vermaledeite Zuspätkommerey. Ich lächle trotzdem, handherzsteingetröstet. Und wegen Ihnen natürlich…
Und wer weiss, was Sie mit solch einem feinen urst-ost-amerikaramellisierten Herzstein noch alles bauen können?
Schön, Sie wieder zu lesen.Ist es doch ihre Wortspielerei, die meine Synapsen immer wieder beschwingt zum Tanzen bringt :-)
Synapsentanzenlasserey fetzt. Genau wie urstostamerikaramellisierte Steine. Oder Ihre Wortfeinbasteleyen, meine Liebe. Ich klickerdiklacke jedesmal herzhüpfend auf Ihren Link, doch nüchtern informiert mich WordPress, daß das Unfug ist. So begnüge ich mich mit Ihren unnüchtern entzückenden Kommentaren und freue mich zuckerwattensüßflockig. Mitohnescheißherzchen, aber ehrlich.
Hat dies auf ReBlog! Hier findet sich alles was mir gefällt. Über "Kategorie" wirds dann übersichtlich :) rebloggt.
oh so schön… habe es direkt vor augen. so ein kleines amerika habe ich auch… aber keinen stein, nur einen kloß im hals, wenn ich daran denke.
hände ab denen, die sich respektfrei an diesen paradiesen zu schaffen machen :(
Bleibt nur, die Erinnerung zu bewahren. Und neue eigene Paradiese zu schaffen. Ich gelobe, ich versuche es. Der Urstostamerikaramellisiertherzstein* mag ein Anfang sein.
* Zitat: die nicht mehr bloggende enolakiwidinok
Huiiii..kalligraphisch f-förmig verneige ich mich, dezent beschämt, vor der knoblochschen Buchstabenkönigin. Beim Abknicksen sinniere ich sternend über ein urstostwest Amerika der vereinten wordgepressten Steinkamellen…
Neinneinnein, keine Königin, eine Ackerdame bin ich. Und Beschämung ist nicht vonnöten. Doch träfen wir uns schreibend an ursprünglichen Silbersilbenmeergestaden, es wäre ein Famosvergnügen. Wir könnten Steinkamellen flitschen lassen.
Ohh, das klingelt wirklich frohfairlockend..:-)
Haben wir nicht alle unser „Amerika“? Dankeschön fürs teilen. Ich war gern mit dir dort.
Ohne unser aller inneres Amerika gäbe es Amerika wohl nicht. Verrückt, je öfter ich „Amerika“ lese und selber schreibe, umso inniger empfinde ich diesen Ort. Yuki und Dir hätte es da gefallen.
Gänsehäutig machender Streichelwind – das lieb‘ ich mir! Da fühlt man sich gleich wieder in die eigene Kindheit versetzt … So schöne Zeiten waren das an unserem „Waldsee“. :D
Ich warne eindringlich vor Erneutaufsuchung! Obwohl, bei mir hat sich ja dadurch die Erinnerung manifestiert, obwohl der Anblick ein ganz anderer war…ach, mein Denken ist noch etwas verwuschelt, ich sortiere immer noch. Fast zu voll diese kurze Heimreise mit retourreisendem Erinnerungsgepäck. Nichtdestotrotz freue ich mich über Ihre Lieblobworte. Danke.
liebste frau knobloch,
ich las vor gar nicht allzu langer zeit im reader ein posting von ihnen zum thema „distanz“. jetzt wollte ich gern den kompletten artikel lesen, finde ihn aber nicht mehr, weder hier, noch im reader. sofern sie zeit hätten, würde ich mich über eine verlinkung sehr freuen, damit ich das lesen und kommentieren nachholen kann. die suchfunktion hat leider nicht weiter geholfen.
ich hoffe, sie hatten schöne ostern und ich wünsche ein erholsames, kommendes wochenende,
liebe grüße von der beobachterin.
Meine liebe Frau Stadtzottel, ich grübel und grübel, welchen Distanztext Sie wohl meinen könnten. Sind Ihnen denn noch ein, zwo Hinweise mehr erinnerlich? Gelöscht habe ich keinen Text. War’s vielleicht der am Bache? Oder der Operateur am offenen Herzen? Ich weiß es wirklich nicht.
Nichtdestotrotz Ihnen auch ein bonfortionöses Wochenende, meine Liebe. Danke für Ihre Wohlwünsche.
Es war ein Posting, in dem es als eine Sichtweise z.B. um die Distanz von Objekten in einem Raum ging. Vielleicht war der Text gar nicht von Dir? Jetzt fange ich auch an zu zweifeln. Die von Ihnen genannten waren es jedenfalls nicht, die ich meinte. Danke für Ihre Mühe. Es tut mir leid, wenn ich Verwirrung stiftete durch meine Frage.
Alles liebe von der Beobachterin
Verwirrung regt die Synapsen an. Ich mag das. Aber der gesuchte Text war wohl wirklich nicht aus meinen Fingerkuppen geflossen…
Ich habs gefunden! Es waren tatsächlich nicht Sie, – Verzeihung! Falls Sie es auch lesen möchten, hier:
http://kotzknaul.wordpress.com/2014/04/24/distanz/
Liebe Grüße von der Beobachterin :-)
Dankesehr für den Lünktüpp. Auch sehr lesenswert. Liebgrüße retour.
:-)
Üst ürgendwüs müt ührer tüstütür? :-)
Ach, liebe Frau Knobloch, Sie können aber auch Vergangenheitssteine lostreten mit Ihren hier ausgebreiteten kostbaren Erinnerungen… Vor mir tauchte gerade ein altes Eisenbahnrangiergelände auf.
Schöne Grüsse aus Portoroz
Ich hoffe, es sind angenehme Erinnerungslawinchen, die ich lostrampampelte, mein lieber Herr Ärmel. Abgesehen davon haben Sie mich jetzt selbstverständlich quietschvergnügt am Halse hängen, vor lauter Murmeligfreude, Sie hier zu lesen, noch dazu gewordpresst. Hurra!
Ich grüße jubilierend zurück, Ihre Frau Knobloch, zugetan.
Na, wollen sehen, woe lange das gut gehen kann mit wp und mir… Ich stehe im Knechtswesen auf einfachgradlinige Wege. Spielmoppese sind selten gute Knechte und als Programmierer die Vorstufe zur Pest…
Heute (leider nur) grauhimmlische Grüsse von hinterm Strand von, Ihrem Herrn Ärmel
Nette Lawinchen, in der Tat. Vielleicht, oder besser, wahrscheinlich bin ich mittlerweile zu alt für nostalgisch anmutende Nachtrauergefühle. So tauchen hirnunderinnerungsgereinigt meist nur angenehme Vergangenheitsfunde vor dem geistigen Ärmelauge auf…
Ganz wunderschöne Sonntagsnachmittagsgrüsse sendet Ihnen wie stets, Ihr Herr Ärmel
Ich kaue gerade urst schwer an Mamalöwenherz’schen Küchentischgesprächen. Schreibe ein paar Zeilen nieder, schlucke, lenke mich ab, schreibe weiter und siehe da, das Schreiben wird leichter. Und damit auch ich.
Und für nostalgisch angehauchte Nachtrauergefühle werde ich wohl niemals zu alt. Nettlawinchenfetzigfindende Grüße, immer die Ihre, mit Nostalgie im Grünblick.
Nicht die Nostalgie ists, es sind die damit einherschwingenden Begleiterscheinungen. Bei vielen Menschen verbunden mit Trauer, Verlust und einem bösen „Zu spät!“. Davor bin ich zum Glück geschützt (welche Macke ich stattdessen haben könnte mit meinem ewigrückwärtshistorischen Blick, ist mir noch immer unbekannt).
Mit einem schillernden Fragezeichen in jedem Grünauge grüsse ich Sie, lächelnd wie meist, Ihr Herr Ärmel
Diese Zuspätdenkerey springt mich zum Glücke auch selten an. Jedwedes hat seine Zeit. Sehr schätze ich hingegen Ihre Fabulösmacke, die mir schon so oft den Blick geweitet. Bitte hegen und pflegen Sie die, derley Macken haben nur durch alle Zeiten gewanderte Famosgesellen, mein lieber Herr Ärmel.
Mama Löwenherz hat zu Ostern es wohl vermocht, einen Kreis bei mir zu schließen, ich verarbeite noch das Ausmaß des Ganzen und staunfreue mich über den Segen, der dem Drüberschreiben innewohnt.
Wie schön! Gut, dass Sie sich Ihr inneres Amerika nicht haben nehmen lassen angesichts der Verwüstungstaten der Gegenwart.
Mein inneres Amerika gewann sogar noch an Klarheit. Inzwischen vermag ich sogar den Eichelhäher wieder zu vernehmen, der mich immer warnte, wenn jemand anderes Alleinseinwoller näherte. Was zum Glücke nicht oft vorkam. Feingrüße in die Kesselstadt.
Feinsinnig, feinhörend, feinspürend. Herzliche Grüße in den Norden!
Ich bin ja tatsächlich mal nach Amerika ausgewandert, vor vielen Jahren, sozusagen als Jüngling…
nach drei Jahren hatte ich genug von diesem Oberflächendasein dort,
und bin wieder heim, nicht mehr nach Sachsen zurück, aber ins westliche Partnerland…
wundervoll komponierte Zeilen, die so leicht wirken wie ein warmer, lauer Frühlingswind, aber sicherlich einigermaßen erarbeitet sind…
liebe Grüße
vom Lu
Parallelkommentierey fetzt, lieber Herr Lu! Ich worttummelte mich ebenst bei Ihnen. Amerika reizt mich tatsächlich nicht, aber als Junggöre hatte ich wohl zuviel Karl May gelesen und stellte mir so Amerika vor.
Manchmal fließen die Worte flatterperlig leicht zu Papier und ich muß sie nur noch einklickediklacken, ohne große Korrektur, so wie bei diesem Text hier. Und dann wieder erscheint es quälend sperrig, Silbenbasteley zu betreiben. Ich danke Ihnen für Ihre Wohlworte hie wie da. Immernochrotwangige Sonntagsgrüße.
Winnetou und Old Shatterhand waren sicherlich EIN Grund mal die Seiten zu wechseln und SELBST mal Pioniergeist im gelobten Amerikaland zu zeigen…
das ist mir auch auf jeden Fall gelungen, und das ist ja auch schon etwas— aber ich bin froh wieder im tiefsinnigen (*lächel*) Europa zu weilen…
Dann geht es Ihnen wie mir in ungefähr, liebe Frau Käthe, manches flattert sofort zu Papier und wird ein wundervolles Buchstabendorf, ohne große Mühe…
anderes wird immer und immer wieder im Texteversteck redigiert, bis es endlich in die Öffentlichkeit hinaus darf…
Hihihi, vom Jung- zum Thälmann- zum wahren Pionier. Eine famose Horizonterweiterung. Ich pionierte bisher hauptsächlich nur europäisch, aber in mir nagt auch keine unstillbare Fernsehnsucht. Nur Madeira, hach…
Das mit Madeira habe ich schon mitbekommen, wundervolle Insel, auf der ich aber leider immer noch nicht war, ach, immer fliege ich etwas zu weit dafür… *g*
Thälmann kommt mir irgendwie bekannt vor, war das so ein ähnlicher wie Rosa Luxemburg? :roll:
Falls Sie je einen Madeirabesuch beabsichtigen, wenden Sie sich vertrauensvoll an mich und demnächst an die bezaubernde http://lebenliebenlernen.wordpress.com/
die hat sich schon anstecken lassen und wird uns im Sommer wohl hoffentlich beflügelsehnsüchtend berichten.
Was habe ich die Halstücher gehaßt, das blaue sollte Ernst wohl ehren. Wobei, die typische Schiebermütze wäre noch scheußlicher gewesen.
Herzlichen Dank für den lebenliebenlernenlink *freu* Da und hier werde ich mich bzgl. des anstehenden Madeiraurlaubs im nächsten Jahr oder so gerne vorab beraten lassen…
Hier:
http://ventisqueras.wordpress.com/
Ventis scheint auch ein Madeirafan zu sein…
Danke für diesen wunderbaren Linktipp. Die Bilder! In meinem inneren Madeirasehnsuchtszentrum rabatzt es gerade mächtig, lieber Lu. Gutenmorgengrüße, Ihre Frau Knobloch.