Zwei Mäuse im Kellerloch
von Käthe Knobloch
Jeden Abend führt der erste Gang am Haus am Ende des Weges hin zu der Kellerstolperfalle. Meist nur ein Kontrollgang, morgens hocken mehr Unglückshäufchen in dem steinigen Verlies. Nachtgeschöpfe, denen irgendwann die Kraft ausgeht, bei dem Versuch die endlos erscheinen Stufen hin zum Licht zu erklimmen. Meist Unken, manchmal eine Eidechse, oft junge Mäuse. Doch heute hockt da auch abends ein Zitterfellbündelchen ganz hinten im Eck. Der Glastopf steht griffbereit, also eile ich die Stufen hinab. Wenn das arme Ding schon den ganzen Tag da unten schmorte, tut flinkes Handeln noth. Doch unter meiner leise sich senkenden Hand, macht das Mausgeschöpf einen entsetzten Satz und rast panisch fiepend in seinen rechteckigen Gefängnis umher. Vorsichtig ziehe ich mich auf die drittunterste Treppenstufe zurück. Verharre dort, versuche Ruhe und Frieden mit meinem Athemgleichmaß zu verbreiten. Ich bilde mir ein, daß es wirkt. Das Graubraunschimmerfellbündel hält inne, die Spitznase schnüffelt in meine Richtung, die Seidenschnurrhaare vibrieren sanft, wie Altweiberspinnfäden im Abendlicht und zwei Stecknadelperlenaugen glänzen schwarzmarmorig. Dann fängt es sich an zu putzen. Bei diesem Anblick, eine Armlänge nur entfernt, vergesse ich alles um mich herum. Die Minipfoten streichen immer wieder über den Kopf, drücken für einen Sekundenbruchteil die winzigen Lauschmuschelchen, deren Innenseite wie Sahnetropfen in einem Mocca hellcreme sich abheben, nach unten. Bis vor zur Spitzlangnase zieht die Maus ihre Pfoten durch, um dann mit raschen Schwung kopfunterseitenwendig wieder im Nacken die Prozedur zu beginnen. Immer schimmernder erscheint mir das Fellchen und ich frage mich, wer hier wohl wessen Athem beruhigt. Wir hatten anscheinend beide einen bitterblickigen Nachmittag, die Maus und ich. Und während ich den Unsinn dieses Gedankens belächele, hält die Maus inne in ihrer Putzerey und katapultiert sich aus ihrer Rundrückenkugeligkeit rechts an mir vorbei auf die erste Treppenstufe. Ohne Pause, rauf zur zweiten, von da über die Halterung des Handlaufs und den rampig nutzend hinauf in die gerade noch sie als Winzigsilhouette erkennbar machende Dämmerung. Ich bleibe unvermittelt allein zurück, da unten, in der Kellerfalle hockend. Und wundere mich über das misslichmausigeinsame Gefühl in mir drin. Mit meiner rechten Hand ziehe ich mich am Handlauf hoch und folge der Maus nach oben. Die Bitterblickigkeit, die lasse ich unten liegen, den Glastopf jedoch stelle ich an die gewohnte Stelle. Wer weiß, das nächste Kellerfallenverliesgeschöpf braucht vielleicht doch wieder meine helfende Hand. Ich werde nicht müde, sie zu reichen.
Welch große Geste. Chapeau !
Das finde ich auch, mein Lieber. Das hat die Maus doch großartig gemacht, nicht wahr?
Süß…….
Obrigada……
*deitado e com muita dor hoje* – De nada!
Ohweh, ich vermute, die Rückseitigkeit krawallt wieder. Nicht gut, gar nicht gut…
Mitfühlende Grüße, Ihre Frau Knobloch.
In diesen Zeilen liegt mehr Achtung als in einem tausendseitigen Pamphlet der EU. danke
Pamphlets pflegen eh‘ meist nur so rumzupampelhampeln. Rumpampelhampelpamphlet. Das müßte jeder Verfasser eines selbigen drölfzigfach schnell hintereinander aussprechen, bis ihm hirnschwindelig ist…
wie wäre es mit einem schmalen Holzbrett?
Das haben wir auch schon bedacht, doch wie entsünden dann solche Begegnungen?
Die Unken hätten immer noch zu kämpfen.
Entsünden. Ich habe gerade lächeln müssen. Wie solche Begegnungen entsünden? Wenn der Fehlerteufel selbst bei solchen unschuldigen Begegnungen noch Sünde sieht…
Apropos: Ich verspreche Ihnen bei Ihrer Blogheimkehr neue Verwegene Verse. Ich warte damit auf Sie. Wie die Unken im Kellerloche…
Das war mir auch aufgefallen, aber ich wollte nicht schon wieder rumpöbeln. Nicht, dass Sie mich irgendwann von der Tanzkarte streichen.
Eines muß ich Ihnen noch mit auf Ihre Urlaubswege geben, mein Lieber: Ehe ich Sie von meiner Tanzkarte streiche, liegt Ihre Derzeitheimatstadt an der Ostsee! Oder MmeMme veröffentlicht einen nicht behachenswerten Text. Ergo: Nie! Das dürfen Sie sich gerne für Ihre Abwesenheit hinter die Lauschlappen schreiben. Bis bald, Ihre Frau Knobloch, fässerweiseguinnessordernd als Ersatzdrogiererey.
So wie Sie ihre Hand allen reichen…
Naja, nicht allen, meine Liebe…
Stimmt
Eine sehr beeindruckende Schilderung dieses an sich kleinen Geschehens…ich danke mit einer geziehmenden Verboygung für die freundliche Mitteilung.
Ich verabschiede mich schon vorwochenendlich Geraffel&Taschepackend von Ihnen, liebe Frau Knobloch, und sende Ihnen luftschiffig einen Werkzeugkoffer mit allen Gerätschaften für ein Bomfortionösfantastischwochenende, Ihr Herr Ärmel (zugeneigt wie stets)
Oh, dankefein, liebster Ärmelmann! Ich wünsche Ihnen ein ebensolches. Möge Ihr Geraffel sich leicht machen auf Ihren Wegen und Schönstzaubermomente Ihnen vor Pupille und Linse fallen. Das wünscht innigst, Ihre Frau Knobloch, Sie gedanklich begleitend.
Ihre guten Wünsche haben gut geholfen – Sie werden es sehen…
Gut, daß sie vorwarnen, mein lieber Herr Ärmel. Ich werde versuchen, mich innerlich zu wappnen. Schönstsonntagsgrüße, immer die Ihre.
Eine helfende Hand und ein beruhigender Atem ist für alle Geschöpfe da … Danke. Ihre Frau Coupar
So sollte es sein. Auch wenn es manchmal ein Winzgeschöpf ist, was sich als verflixt fix erweist. Die Schönheit des kleinen Augenblickes…
„So musst Du allen Dingen Bruder, Schwester sein,
dass sie Dich ganz durchdringen.“
H. Hesse
Danke, Wertester, es könnte so einfach sein. Eben in allen Dingen…
Werteste, das klingt, als hätten Sie vielleicht Bedarf nach einem meiner Lieblingszitate:
„Man ist nur für das eigene Kinder schwanger.“
F. Nietzsche
Man muss sich das fremde Weltelend nicht aufladen. Ne! Man muss im Kleinen gut machen, was man gut machen kann. Reicht!
Und, wenn „Sie“ reden muss man „Sie“ reden lassen oder, wie neulich eine Freundin auf ihrer Seite zum Besten gab:
„Sie reden über Dich, weil sie ihr eigenes Leben derart verbockt haben dass sich darüber zu reden nicht mehr lohnt.“
Ich benutze beide Gedanken, wahlweise, als eine Art Schutzmantra.
Greifen Sie zu!
Da sage ich doch nimmernich nein, Verehrtester. Zumal sich soeben der Bitterblick wieder vor die Pupille schieben wollte. Als spürten Sie dieses, mein Lieber. Der Sichnichtmehrdrüberredenwollengedanke, weil es sich nicht lohnt, den finde ich vorzüglich. Und bringt mich zu meinem eigenen Mantra, von der Eigentürkehrerey zurück. Ich danke Ihnen. Sie denken umgekehrt an die Flitscherey, ja? Herzliche Grüße, ungebeugthaltungübend, Ihre Frau Knobloch.
Das Schutzmantra greife ich auf.
Gerne! ;)
Sie…… liebe,hilfsbereite Frau Kaetheknobloch Sie.
Sie…..Liebschönbewortin, Sie Mensch Päddra, Sie!
Und nun einen guten Start ins Wochenende und freundliche Grüße an die Lieben.
Nach diesem Worten hier, lässt der Druck von gestern langsam nach.
Ganz die Ihre, Arabella
Ihnen auch ein Schönstwochenende, meine Liebe. Ich drücke noch, hie wie da…Ihre Käthe.
Ich auch. Sehr.
Wie ich Sie liebe!
Ich.. hach.. Sie, also, Verehrteste! Haaach, ich.. umdenhaslfallundknutschendzubodenwerfundkampfkuschelnzelebrierend.
Nun, vielleicht zu radikal, aber eine Möglichkeit, allem, was da fleucht und kreucht, eine noch größere überlebenschance zu bieten, wäre es, den Zugang zum Keller gänzlich zu versiegeln.
Sie nennen es selbst ein Verlies. Warum also es nicht verschließen, wenn es doch nur Kummer hervorbringt, bei Wesen, so unschuldig wie Lämmerweiß.
Ich weiß, Sie werden darüber nachdenken.
Das wäre die beste Lösung, um die wir schon mächtig rangen. Allein, es gehört uns nicht, das Haus und der Besitzer teilt nicht meine Liebe zu allem, was da kreucht und fleucht, vorsichtig ausgedrückt. Sehr vorsichtig ausgedrückt, wenn Sie verstehen, lieber Herr Hund…
So bleibt mir nur die einsammelnde Hand und als Beigabe wahrhaft einprägende Begegnungen. Ich bin ja froh, daß ich so rumgärtnern darf, wie ich will, nicht ein jeder hat Verständnis für diesen Wildwuchstierfreundgarten, ich darf mir oft Vorwürfe anhören, so über’n Zaun gezeigefingersagt.
Drüberstehend grüßt herzlich, Ihre Frau Knobloch.
Ich könnte dem Besitzer ein Angebot machen, das er nicht ablehnen kann.
Ihr Don Carrello Corleone
Ich versuche es erstmal weiter im Gütlichen, Verehrtester…
Notat an mich selbst: Nicht mit Zement bevorraten…
Hauptsache, die Bitterkeit blieb unten … :)
Blieb sie. Versickerte in den Fugen und ward nicht mehr im Blick gesehen…
Danke für’s Besternen und Beworten, Ihre Frau Knobloch, hocherfreut.
Immer wieder gerne. :)
… wer hier wohl wessen Atem beruhigt …Wenn Zweie sich gegenseitig die Tür zur Freiheit aufhalten, dann ist das immer ein großer Moment!
Eine Sternstunde für beide Mäuse.
Verehrtester, Sie und natürlich alle anderen, dürfen sich demnächst auf eine neue Mausegeschichte aus der Kellerfalle freuen. Die heutmorgige hat mich zu zehnminütigem Lachanfall gebracht…
Danke für Ihre schönen Wohlworte, im Namen der anderen auch, die eine Maus aus dem Kellerloche.
Welche Liebe, welche Aufmerksamkeit für das Kleine und Feine!
Danke, mein Lieber. Ich wäre aber zu Tigern genauso freundlich besorgt, wenn die mal in eine Falle gerieten. Und Zeilentigern näherte ich mich sogar mit offener Hand…
Vergnügte Samstagsgrüße, Ihre Frau Knobloch.
Das glaube ich Ihnen sofort! Und ich bin mir ganz sicher, im zweiteren Falle würde die offene gereichte Hand mit Freude und Achtung ergriffen werden. Ich wünsche Ihnen eine lebensfrohe Woche!
Die sey Ihnen auch gewünscht, lieber Herr Zeilentiger. Angebot steht selbstverfreilich! ihre Frau Knobloch, wochenstartvergnügt.
Herzlichsten Dank, liebe Frau Knobloch – hoffentlich wochenmittigvergnügt.
Ich mag Mausgeschichten sehr und lese aber selten von einem HappyEnd. Danke!
Die kleine Maus.
Zog sich aus.
Fühlte sich pappig.
Machte sich nackig.
Wippte und strippte.
Grölte und stöhnte.
Verließ ihre Haut.
Ganz ohne Laut.
Mucksmäuschenstill.
“Come on Kitty, kill!”
Mäuschen will!
Kitty war faul.
Fauchte “Halts Maul!”
Drehte sich rum.
Fiel tot um.
Maus zog sich an.
Alles begann.
Wieder von vorn.
Maus sucht das Korn.
Da zog sie aus.
Einfach raus.
Aus die Maus.
;-) HappyWeekend!
Großartig! Ich danke Ihnen, Werteste. Und kann noch eine Kellermausgeschichte in Aussicht stellen. Heute in der Frühe mußte ich schalllachen über eine Verduztmaus. Demnächst auf diesen Seiten zu finden. Ihnen auch ein schönes Wochenende wünschend, Käthe Knobloch.
Analogien liegen wohl grad in der Luft irgendwie. Bei mir war – kürzlich – nur Maus gleich Mann, dem die Fellputzerey auch nicht schlecht getan hätt. Und immer geht es um Hände die helfen, doch die Botschaft ist wohl, dass sie nie des Helfens müde werden sollten, auch wenn sie ausgestreckt ungewürdigt oder ungebraucht bleiben. Famosdank, Frau Knobloch, für diese feine projizierte Zusatzerkenntnis.
Lieber Herr Mo, ein Herzliches Willkommen sey Ihnen erfreut entgegengerufen. Inklusiver einer offenen Hand, die sich dankend entgegenstreckt. Dankend auch für die Botschaftserkenntnis, denn nur was man erkennt, kann man weitergeben. Und manchmal ist der Erkenntnisanstupser so winzig grausilbrigschwarzschimmerndklein. Fetzt! Herzliche Sonntagsgrüße, Ihre Frau Knobloch.
Großartigste Mausliteratur!
Das ist wirklich sowas von gelungen, liebe Käthe, echt bewundernswert!
Muss ich nun gleich noch mal lesen :)
Herzliche Grüße vom Lu
Hui, dankefein. Das freut mich sehr. Und darf stolz in den nächsten Tagen weitere Mausliteratur ankündigen, lieber Lu.
Liebe Grüße zurück, Ihre Käthe.
[…] und doch manchmal überraschend verschiedenes Handeln gebietet jede Rettungsaktion, wie schon hier beschrieben. Doch zunächst ist’s wieder ein erschreckter Schwarzschimmerperlenblick, der […]