Die verdutzte Maus im Kellerloche

von Käthe Knobloch

Die Morgenpatrouille erfordert neues Glastopfergreifen. Die Handgriffe sind stets die gleichen und doch manchmal überraschend verschiedenes Handeln gebietet jede Rettungsaktion, wie schon hier beschrieben. Doch zunächst ist’s wieder ein erschreckter Schwarzschimmerperlenblick, der meinen müdäugigen kreuzt. Das Fellknäuel hockt direkt neben dem schmalen Regenabflussgitter, die Spitzvibriernase dreht sich bebend in meine Richtung. Ich setze mich auf die unterste Treppenstufe, um Ruhe einziehen zu lassen und meine erschreckende Riesenmenschstinkepräsenz dem Mäusleyn erfassbar und erträglich zu machen. Zumindest bilde ich mir das so ein. Was weiß denn ich, was so ein Winzschöntierchen von mir denkt, was es fühlt, es muß mich doch gewiß herzrasend erschröcklich wahrnehmen. Dieser Gedanke läßt mich seufzend das Kellerloch mit Entschuldigungswellen befüllen. Tatsächlich dreht sich das Mäuslein von mir weg und schnuppert an dem Metallrost, der den Abfluß bedeckt. Dann schiebt es vorsichtig Kopf und Oberkörper durch den winzigen Spalt. Ach, denke ich, und dann? Wo willst du hin? Durch die Kanalisation schwimmen? Unterm Haus durchtauchen? Das nächste Gullyloch ist ganz schön weit, das kannst du unmöglich schaffen! Und während meine Gedanken Mäusewalzer tanzen, streckt mir die Maus ihren pelzigen Hintern entgegen, der Schwanz ringelreigt sich emsig. Dann schiebt sie ihren Körper rückwärts zurück und wirft mir einen Schulterblick zu, in dem die gesamte Verdutztheit aller lange sackenden Erkenntnisse des Universums zu liegen scheint: Verdammt, mein Arsch ist zu dick! Ich pruste los, ich kann nicht anders, lache lauthals, schallend, das Kellerloch hallt gelächterig nach. Die Maus stört das nicht, sie versucht es noch einmal. Halb verschwindet sie, der Hintern reckt sich nach oben. Der Anblick befeuert mein Lachen, erste Tränchen kullern und das Zwerchfell protestiert. Erneut das Wiederauftauchen des Felloberkörpers, in die Perlaugenverdutztheit mischt sich Resignation. Während sie noch einmal oberkörperig verschwindet, stülpe ich nochimmerlachend den Glastopf über sie und schiebe ihn mit der nächsten Rückwärtsbewegung des Winzkörpers weg von der Abflußspalte. Flugs der Ablauf wie gehabt: Kartondrunterschieberey, schnelle Drehung, Maus im Glas, flinkfüßig die Treppen hoch und Freilassung unterm Haselstrauche. Das alles beglitten mit aufperlendem Gelächter meinerseits. Wofür so ein dicker Hintern doch gut sein kann!