Silbersilbensinnlichkeiten

von Käthe Knobloch

So schreibe ich am liebsten: Sachte Lauschläppchenschmeichler umtönen mich, ich kenne jede Tonfolge und lasse auf den Spuren der Noten meinen schweren Metallgehäusestift über das linnenweiße Papier gleiten. Es sind kleine Gemälde in Buchstabenformen, fallen wie kleine Puzzelteile an genau die richtigen Stellen. Silbensilberketten schlängeln sich wie lichtüberflutete Sonnenwege durch dichte Wortwälder, ergießen sich kaskadig über Satzklippen und sprengen jedes Dudendickicht. Die Pupillen müssen sich nicht entscheiden zwischen Buchstaben und deren Abbild, bleiben treu der zarten Bogenundstricheziehschwarzlinie. In Vorahnung einer besonders intensiven Benotung durch die die Gedanken beflügelnde Musik, hält die Hand inne, verharrt, die Stiftspitze schwebt über dem Papier und der Wimpernvorhang verneigt sich vor diesem einem besonderen Moment. Gedankengewisper schweigt, ich ziehe mich in mich selbst zurück mit allen Sinnen und eine Wärme durchfließt mich, pulst durch alle Adern, rötet meine Wangen und befeuert meine Haut. Mein Athmen beschleunigt sich und wird gleichzeitig tiefer, mein Leib streckt sich, als sey er selbst des Athmens fähig und bietet sich diesem Moment als Kelch an. Tief im Grunde meines Herzens formt sich ein Seufzen, welches sich Bahn bricht durch alles, was ich bin, je war und immer wieder seyn werde und gleich des Aufbäumens, wenn man Zeit und Raum verläßt, dringt dieses Seufzen mir aus allen Poren. Die Kehle übernimmt nur das Echo dieser innermächtigen Arie. Der Wimpernvorhang hebt sich wie von Tautropfen beperlt und mein Blick weitet sich über die Worte hinaus, die da immer noch stehen, so sinnlich, so ehrlich, so ich. So, ja so, schreibe ich am liebsten.