Fremdfreundlichefrohfragmente
von Käthe Knobloch
* Langsam legt sich der eigentümliche Sprechgesang, diese euphonische Klangsalbe, auf das Gemüth und schwert beständig den Wimpernvorhang. Nicht um gelangweilt in den Schlaf zu fliehen, sondern um allein die Stimmung wirken zu lassen, den Wechsel zwischen Bitte, Ehrfurcht und Hingabe ganz innen zu spüren. War es erst der Blick, der verzaubert ward von dieser stillfeierlichen Pracht unter der Kuppelwölbung, ist es jetzt das Ohr, das aufnimmt, sich weitet und versteht, ohne die Sprache zu kennen. Wir müssen die Religion nicht teilen, doch die Demut, die ihr kniebeugend innewohnt, die stünde uns allen gut…
* Ganz anders nach dem Moscheebesuch das Treiben draußen im Sonnenlichte. Intensiver, noch lebendiger erscheint das hektische Gewusel. Männer, die mit ihren Bärten Kinder zum Kwietschkichern bringen oder lautstark jungbullerige Halbstarke trennen, die ihr Heißmütchen aneinander kühlen wollen. Düfte kitzeln die Nase, verführen zu Fremdspeisung, ohne daß man wüßte, was man da bestellen würde. Unter den Kopftüchern strahlen Schwarzfunkelblicke, schönstens betont mit kühnem Schwung und von Pailletten flitterwiderspiegelnd als Tausendlächeln manifestiert…
* Zuerst mal einen Tee, also einen Ruheplatz finden in diesem basarisch anmutendem Treiben. Sucht euch einen Tisch, ich hole schonmal welchen. Wieviel? Sieben. Gut. Sieben Tee, bitte. Wie bitte? Ja, ich nehme auch ein ganzes Tablett, da finden sich sicher dankbare Gäste ein. Und ehe ich mich versehe, trägt einer der eben noch rumgockelnden Jungheißgemüter mir ein Teegedeck hinterdrein, zehn Gläschen, feinziseliertummantelt und ein Zuckerdöschen…
* Lange kann keiner den wabernden Düften widerstehen. Da wird gebrutzelgebraten, teigausgebacken und orientgewürzverlockt. Die Runde, inzwischen lockergesprächig erweitert, beschließt, einfach von jedem etwas zu probieren. Man teilt selbst den kleinsten Happen. Was? Du hast das noch nicht probiert, hier, ich hab noch was für dich über. Die Teegläschen sind längst ofterneuert, die Tischrunde hatte wechselnde Gäste, Mensch, haste gesehen, der war doch aus’m Rathaus und der Pfarrer war ja auch vorhin da und ja, ich habe auch geschmunzelt, der saß neben dem Imam…
* Nein, wir müssen Religion nicht teilen, aber wir können sie akzeptieren. Denn eines wohnt schon ihrem Wortursprung inne: Achtsamkeit. Beim nächsten Tag der Offenen Tür gehe ich wieder in die Moschee. Denn diese Worte hätte ich auch über eine katholische Kirche schreiben können:
Langsam legt sich der eigentümliche Sprechgesang, diese euphonische Klangsalbe auf das Gemüth und schwert beständig den Wimpernvorhang. Nicht um gelangweilt in den Schlaf zu fliehen, sondern um allein die Stimmung wirken zu lassen, den Wechsel zwischen Bitte, Ehrfurcht und Hingabe ganz innen zu spüren. War es erst der Blick, der verzaubert ward von dieser stillfeierlichen Pracht unter der Kuppelwölbung, ist es jetzt das Ohr, das aufnimmt, sich weitet und versteht, ohne die Sprache zu kennen. Wir müssen die Religion nicht teilen, doch die Demut, die ihr kniebeugend innewohnt, die stünde uns allen gut…
<3 herznah und gleichtickend. So kann es funktionieren, so ist der richtige Weg.
Sein und sein lassen und auf Augenhöhe begegnen. Warum begreifen das manche bloß nicht? Danke fürs Lesen und Worte schenken. Es bedeutet mir gerade hier sehr viel.
Alles Liebe, Deine Käthe.
Ich denke weil es im Moment sehr einfach ist und Angst nimmt, wenn man sich einen „Schuldigen“ sucht. Etwas worauf man vermeintlich Wut und Hilflosigkeit hinein implizieren kann. Völlig bekloppt, aber es scheint so.
Dennoch einen wundervollen Tag, die Sonne scheint so schön. Da schauen wir hier hin liebe Käthe, herzliche Grüße, deine Mia
Man kann es erst begreifen, wenn man sich als Mensch selbst akzeptiert. Viele wissen nicht, was sie als Mensch ausmacht, was der Rahmen ihrer Verantwortungen, Möglichkeiten und Fähigkeiten ist.
Vor wenigen Tagen hatte ich eine interessante und hitzige Debatte mit jemandem über das Thema Religion (ich ruf ja immer als erster „Arschbombe“, wenn jemand so ein großes Fass aufmacht…), mit der Frage, wie man Weltanschauungen „unschädlich“ machen könnte. Ich bin der Meinung, bei Religionen ist das gar nicht nötig, denn sie verflüchtigen sich sehr schnell, wenn man die These aufstellt, daß sie nur dazu erfunden wurden, uns daran zu ERINNERN, was uns zu Menschen macht. Gefährlich kann nur das vom Menschen gemachte Derivat „Glaube“ werden, denn er DEFINIERT, was uns zu Menschen macht. Wer nach einer Definition seiner Selbst – oder präziser, nach den Grenzen seines Wesens suchen muss, hat das Bedürfnis nach Sicherheit, ein absolut natürlicher Impuls. ABER unter dem blickdichten Mantel des Glaubens wird damit jedes Märchenbuch zur Bibel, und jede plausible Interpretation heiligt welche Mittel auch immer.
Ein Tag der offenen Tür.
Sprich, Transparenz, Aufklärung und Antworten. Das macht jeden Glauben „handzahm“, wenn man so will. Denn das was in seinem sedimentierten Kern noch übrigbleibt, ist etwas, das uns alle als Menschen, egal mit welchem Glauben, verbindet.
Viele wechseln ihre Weltanschauung öfter im Leben, auf der Suche nach Antworten. Jeder verirrt sich mal, das gehört einfach zum Menschsein dazu, doch viele finden heute nicht mehr den Weg zurück. Die Verantwortung liegt jedoch bei den umgebenden Menschen, die wiederum ihre Glaubensansichten vor Hinterfragung schützen wollen und sie verschleiern. Die freie Wahl zwischen genug Identifikations-Alternativen für welchen Lebensabschnitt auch immer könnte jeden zu jeder Zeit auffangen, jede gesuchte Antwort ist dann sowieso in der Essenz banal Inhaltsorientiert. Der Inhalt ist immer gleich, denn – mathematisch ausgedrückt – dezimiert sich die DEFINITION der Menschlichkeit auf einen reellen Wert, je mehr Schnittmengen von Ansichten gesucht werden. Zum Schluss bleibt eine Konstante, und die ist zu klein, um uns in unserer wahren Größe zu beschreiben. Aber sie soll uns ja auch nur daran ERINNERN, was wir sind. Weil wir es schon wissen. Wir sind nur zu klug, das hinzunehmen, und stellen stattdessen die ganze Welt in Frage.
Lieber hochwertgeschätzter Herr Mo, danke für diesen weiterführenden und wohlformulierten Komment~~~~~~~~~ //// Ach, Scheiß drauf, was soll die gezwungene Zurückhaltung: Momomomomomomo! Mo! MO! Mein lieber, lieber Mo! Hüpftanzflipflopflippend tanze ich hier Chachacha! Mo! Ist das schön. ich freue mich murmeligkullerigseifenblasenpupseinhornig! Mein Mo, ich gestehe, ich könnte den Monitor knutschen! Ach, Mo…
So, jetzt nochmal in Ruhe den Kommentar lesen, ganz schön schwierig, sachlich zu bleiben, wenn Glücksliebesperlen durch die Blutbahn strömen…
Das Geheimnis ist schnell gelüftet: das Teilen von Essen und Trinken und der gemeinsame Verzehr verbinden. Mehr als jeder gute Vorsatz. Gastfreundschaft ist eine Form die Menschen als Geschwister zu begrüßen.
„die Menschen als Geschwister begrüßen“ – Das nehme ich mit für heute.
Danke für diese Worte, ich nehme sie mir auch mit. Herzlichst, Ihre Frau Knobloch.
Ich auch, fein das! :)
Bitte nicht vergessen, wie wichtig das Einblickgewähren ist. Man fürchtet ja nur, was man nicht kennt. Und das eingebettet in die Gastfreundschaft, dann werden wir wahrlich Geschwister. Danke für Ihre Worte, lieber Herr Theomix, auch sie sehr wichtig hier.
Jetzt müssen Sie sich aber drücken lassen, liebe Frau Knobloch, bei so fein eingefangenen Bildern und herzensnahen Worten kann ich nicht anders.
Danke und sehr gerne, mein Lieber. Die Worte, sie summten ein paar Tage in mir und suchten einen Ausgang, ich wünschte sie fänden Gehör bei denen, die furchtsam und fremdblickig sind.
Wenn wir weiterhin so fein Umhalsungen üben, paßt bald kein Blatt Papier mehr zwischen uns. Und wissen Sie, wie ich das finde? Genau: Bonfortionös!
So gerne habe ich Reliunterricht erteilt. Nie mit Beten und so, dafür die uralten Geschichten mit Noah, Josef und Moses. Mann, was haben die Kinder für köstlich schöne Bilder gemalt – und wie tief gingen die Geschichten, allein die vom Turmbau zu Babel…und die von den Säulen des Islam, und, und…Dein Text passt!
Dankesehr, meine liebe Wildgans und Ihren Religionsunterricht hätte ich sicher gerne besucht. Mir wurde die Teilnahme in der Berufsschule als Konfessionsfreie verwehrt. Ich habe mich im stummen Protest mit der Bibel vor das Klassenzimmer gesetzt und behandelte Themen parallel für mich mitgelesen.
Einen schönen Tag Ihnen, Ihre Käthe.
Ihre Frohfragmente scheinen mir den inneren Zusammenhalt zu haben, den man bei so manchem Religionsausübenden vermisst. Von Ihnen fragmentiert zu werden, ist dem Ganzen eine Ehre! Klasse Text!
Mein lieber Michael, Ihre Worte rühren mich an. Der innere Zusammenhalt, kann er dieses ‚Sein und sein lassen‘ verkörpern, das ich versuche zu leben? Ja, durchaus.
Danke für Ihr famoses Kompliment, ich freue mich sachtmurmelig, den er rumorte eine Weile in mir, dieser Text.
Alles Liebe, Ihre Käthe.
Ihr Trost spendender Bericht, liebe Frau Käthe, erinnert mich an das Hanauer Bürgerfest, wo alle Ethnien backen, brutzeln, musizieren und fröhlich sind. In der Weststadt gibt es eine türkische Bürgerinitiative, die mit Kind und Kegel zweimal im Jahr das ganze Viertel von Unrat beseitigt, sie hatten die Idee und jetzt machen auch die anderen freiwillig mit. Nach getaner Arbeit wird auf einem Platz dann gemeinsam geschmaust.
In einer Moschee war ich noch nie, aber Sie haben mich auf eine Idee gebracht.
Haben Sie Dank für Ihre Geschichte und mit liebem Gruß bin ich
Ihre Karin
Ach, was freue ich mich über Ihre Worte, liebe Frau Karin! Das er auch noch Trost und Hoffnung transportiert, diese Text, es ist mir ehrliche Freude. Hier in der Provinzstadt verübten letztjährig Salafisten einen Brandanschlag auf eine Moschee und sofort fand eine Mahnwache mit einem gemischten Gottesdienst statt. Imam neben Pfarrer, zweisprachige Gebete und gemeinsames Entsetzen.
Herzliche Grüße und einen schönen Tag Ihnen, Ihre Käthe.
Menschlichkeit zuerst – DAS ist das Geheimnis …
Eines der offensten Geheimnisse und doch meinen manche Möchtegernweltenlenker es hüten zu müssen…
Danke fürs emsige Nachlesen und Silbenkettenhinterlegen, ich freue mich darob schnaflämmerschwänzigjubelig. Herzliche Grüße, Ihre Frau Knobloch.
Seitdem der Vorschaugugger nicht mehr richtig funktioniert, ist man ja gezwungen, hier alles händisch zu besuchen … :)
Freudenvoll die Grüße zurückgebend,
Der Salva