Cyclamenwinterjungkätzchendufterinnerung
von Käthe Knobloch
War es ein zeitiger Krachkaltherbstwinter oder ein spätschneebruchlenziger? Wahrscheinlicher erscheint mir in meiner Erinnerung der Herbst, denn die da geworfenen Kätzchen galten seit jeher als schwächlich und weniger lebensfähig. Erinnerungssicher, wie innenhäutig eintätowiert jedoch das Bild: Die fiependen Fellbündelchen mit ihren Nochzuaugenhügeln, wie hindrapiert auf frotteeigem Untergrund da zwischen Ominkels Alpenveilchen im Zwischenraum der Altdoppelfenster. Von außen drückte sich Schneeweißlast gegen das Kaltglas, vom eisigen Ostwind fensterbankig aufgetürmt, innen kroch Beschlag die Scheibe empor, der regelmäßig in den Frostklirrnächten zu schönsten Eisblumen erstarrte. Um ihre geliebten Cyclamen vor Kaltzugluft zu schützen, legte Ominkel winters immer Aussortierttücher an die Holzrahmen und ließ tagsüber die inneren Fensterflügel offen. Das hatte sich die Altkatze, Meutenführerin im Gehöft an der Biegung des Flußes, zunutzen gemacht und ihren Außerderreihewurf zwischen die Blumen gelegt. Um ein paar Tage später für immer zu verschwinden. Ließ uns diese drei Minieigenduplikate zurück. Was tun? Nicht überlebensfähig, so sprach der pragmatische Herr Papa. Meine flehenden Sturzbäche und Ominkels tadelndes Kopfschütteln konnten ihn umstimmen. Doch kein Geheule weiter, wenn es nicht gelänge, die Kitten am Leben zu halten. Die nächsten Tage und Wochen waren Ominkel und ich schwer beschäftigt. Mit kleinen Fläschchen, die einst Winzigbonbons, genannt Liebesperlen, enthielten und in deren Gumminuckel wir Löcher pieksten, zogen wir die Kätzchen von Hand auf. Zwei nutzten ihre Chance aufs Leben, eines ergab sich lieber in den Ewigschlaf. Nach einem Monat bekamen sie gehacktes Fleisch dazu und noch ein Zeitchen später siedelten wir sie stallwärts um. Die Bauernhofkatzenbande, inzwischen mit neuer Rudelführerin, akzeptierte die Neukitten und übernahm die Ausbildung zu Bravourösmäusefängern. Doch unsere menschliche Nähe suchten die zwei immer und waren die ersten Miezen, die von Gehöftkatzen auch zu Schmuseschnurrschätzchen wurden. Beim Schreiben dieser Worte meine ich ihn wieder wahrzunehmen, diesen Cyclamenwinterjungkätzchenduft. Meine Liebe zu Alpenveilchen, Katzen und der Winterjahreszeit habe ich bis heute behalten. Und zu Ominkel.
Viele Jahre später fand sich der passende Klangteppich zu meinen Empfindungen und mit ihm eine neue Allzeitliebe. Das Leben, es ist ein wundersames:
Hach, das Leben und seine Seite…mit all den traurigen Tönen, bleibt doch der Klang der lieben, kleinen Katzen, die sich durchkämpften und dennoch nur zu gern zum Schmusen ins Warme zurückkehrten. Meine Hauskatze leckt sich gerade das Fell, nachdem sie kurz davor war, die Äuglein zu schließen und auf meinem Schreibtisch ein wenig zu schlafen. Kann ich verstehen, wo doch die Heizung von hinten wärmt. Welch ein Schatz.
Sie hatten Glück, diese Ausderreihekitten und die Altkatze war eine schlaue. Ins Haus gebracht, bevor sie verschwand, man möchte sie fast vermenschlichen…
Wir haben im Haus am Ende des Weges unsere Zugehkatze, hier gibt es viele davon. Früher oder später wird jedoch ein Hund Einzug finden, deswegen schaffen wir uns keine eigene an. Liebe Grüße, wie immer, Deine Käthe.
Ach, Katzen sind auch nur Menschen. Sie lügen nur nicht, manche von ihnen morden gar ;-)
Hund und Katze…geht doch aber auch. Je nachdem, wie sie sich daran gewöhnen.
Liebste Grüße, Dein Ben.
Orr, Ben, Tiger war das doch im Leben nicht! Katzen mögen töten, aber morden nienienich…
Hund und Katze geht, wenn zusammen domestiziert. Hatte ich schon. Hätte es damals schon Digitalkameras und das Weltumspannnetz gegeben, ich wäre die Achwiesüßqueen schlechthin geworden. Schönstabendgrüße, Deine Käthe.
Wunderbare Geschöpfe. Wunderbar in Worte gebracht. Ganz und gar wundervoll, wie Sie es schaffen, dass ich in Ihre Geschichte so tief eintauche.
Das jemand in die Geschichten tief eintaucht, die man erzählt, was für ein höheres Lob gäbe es denn?! Danke, meine Liebe, ich habe sie gerne erzählt. Es blieb bei dem einen Mal, daß wir welche von Hand aufzogen, denn eigentlich war für derley „Unfug“ auf einem bewirtschafteten Bauernhof keine Zeit.
Herznahe Grüße an Sie mit ganz viel Glücksgeflockebewünschung, die Ihre.
Oh ja, ich erinnere mich auch an ein wundersüßes getigertes Exemplar auf dem benachbarten Hof, ein Herbstkätzchen nebst Geschwistern, und ich konnte nicht fassen, dass man sie so herzlos der Kälte überlässt. Aber alles Bitten und Flehen half nicht, ich durfte sie nicht mit nach Hause nehmen. Zwei Jahrzehnte später durfte ich viere dann doch vor dem sicheren Tod retten, in den Semesterferien, weil die Katze des Hauses von Freunden zu schwach zum Ernähren war. Und so lernte ich, tierscheu seit jeher und mit niedriger Ekelschwelle ausgestattet, den winzigen Kätzchen die rettende Nahrung einzuflößen und Dinge zu verrichten, die mich auf den heutigen Katzendienst bestens vorbereiteten. War ein schönes Gefühl.
Glücksflöckchenglimmerschein für Sie am heutigen kühlen Morgen,
Ihre MmeMme
Liebste, gäbe es eine bessere Schule als das Leben selbst und die Fähigkeit, es zu erhalten?! Danke für das Teilen dieser, Ihrer Geschichte, sie rührt mich ungemein an.
Und Ihre bewünschung, sie half, es schneit in dichten wirbelnden Flocken in Lipperlandien. Leider auf plusgradigen Boden, so dass ich mich nur am Weißgetanze erfreuen kann, aber ich bin ja genügsam geworden. Mit Herzliebe grüße ich zurück, ebenso die Ihre.
Was es ist
Es ist cyclamenrote Erinnerung mit jungen blinden Augen, behütet und beliebt in eine Welt entlassen, die sich selbst behauptet hat in der Konkurrenz vertrauter Weggenossen. Eine gütige Idee, angenommen und angekommen in einer künftigen Zeit voller Kindheit, Detail um Detail im übervollen Herzen bewahrt.
Wunderschön…✨
Danke für Ihre wie stets bildreiche Bewohlwortung, liebe Karfunkelige. Mich springen immer mehr solche Momenterinnerungen an und die dazugehörigen Geschichten kommen zurück. Vielleicht, weil Mama Löwenherz sich so ausdünnt und wir ganz viel Weißdunochs austauschen? Ja, wahrscheinlich…
Grüße gegen den Sturmböigen, der übern Kamm dem Hermann unters Röckchen fährt, Ihre Frau Knobloch.
Das mit dem Ausdünnen kenne ich auch und dann holt man sich die glücklichen vollen Erinnerungen nahe heran, weil sie so unwiederbringlich und kostbar sind, dass man sie unbedingt konservieren möchte und ihr Glück bewahren.
Was eignete sich für das Beschreiben einer Stimmung mit vielen Gefühlen besser als ein Text mit all dieser Wortgewalt, die doch immer noch nur wesentlichste Aspekte einer ganzen großen Löwenliebe wiedergeben kann, unendlich voller der Reichtum der Details, die Bücher füllen könnten in der Beschreibung eines glücklichen Momentes.
Notieren Sie sie alle, liebe Frau Knobloch.
So…schenken Sie anderen Ihre Erinnerung weiter. Es gibt immer jemanden, der genau so eine Erinnerung wie die Ihrige benötigt.
Ganz schön viele schon.
Heute? Wetter?
Hui…das pfiff unterm Röckchen…😊
Definitiv kein Draußenwetter.
Pfui, Deibel…so…
Herzliche Grüße übern Knapp…granatenrotes Gekarfunkele…✨
Es könnte perfekt getaktet gewesen sein, meine liebste Fee! Vorviertelstündlich bog ich in das Sträßelchen hin zum Weg an dessem Ende das Heimhaus steht, ein und fuhr wie jeden Abend ein paar Meterchen stringent gen Gefunkel. Lächelnd an Sie denkend, versteht sich. Hach…
Es bedeutet mir so unendlich viel, meine Sprache wiedergefunden zu haben, nachdem Unaussprechliches sie mehr als einmal unter sich vergrub und deshalb schreibe, schreibe, schreibe ich. Aber diese Worte an Sie gerichtet, ach, Sie sind da doch ich! Das weiß ich. Ihr Schreiben ist meines und andersherum. So wie viele gleichklingende Seelen sich spiegelnd finden. Ein schönes Gefühl und immer wieder erstaunlich. Frohgemuthe Grüße, dem Heulwinde lauschend, der das Haus anspringt; „Ha! Wir Ferkelchen lassen uns nicht das Dach wegpusten!“ rufend, immer die Ihre.
Hat dies auf ReBlog! Hier findet sich alles was mir gefällt. Über "Kategorie" wirds dann übersichtlich :) rebloggt.
Ich bin mit Hunden gross geworden. Im alten Ortskern von Lummerland. Da waren die meisten Bauernhöfe zumindest noch als Teilzeithöfe intakt. Und der Bauer ging zum pissen auf den Mist.
Das mit den kleinen Katzen habe ich anders erlebt. Erleben müssen.
Ihre Geschichte tröstet.
Abendschönealtortskernige Grüsse aus dem traditionsreichen Bembelland sendet Ihnen – Sie ahnen es – Ihr Herr Ärmel (wiestetsverstehtsich)
Ach, mein liebster Ärmelmann, auch bei uns dieses eine Mal eine geduldete Ausnahme. Kopfschüttelnd beäugt und dennoch geduldet. Ich schrub es Ben schon, ich habe kindlich naiv allen erzählt, die Altkatze hat die Kitten absichtlich in das sonst gemiedene Haus gebracht. Und eigentlich möchte ich noch heute daran glauben…
Mistpisser waren wir übrigens auch, naja, die Männer. Ich kenne auch noch das Plumpsklo neben dem Hühnerstalle. Dunkel, kalt und spinnenvoll und überm Kopfe krachraschelten die Marder…uik.
Ich grüße vorabendschönfein zurück und verbleibe ebenso wiestetig zugetan, die Ihre.
Genau, der kelien viereckig aufrecht stehende Holzzylinder (mit zwei z). Mit dem Herzchen in der Tür.
Für kleingeschäftige Frauen und Fladenleger beiderlei – na Sie wissen schon.
Die letzten röckeraffend freipinkelnden Frauen habe ich in Südamerika auf dem Paramo gesehen. So in ab viertausend Metern Höhe, da wo Touris nicht mehr hinfenden… Handspindelnde Frauen wie in Europa vor fünfhundert Jahren— Die Welt ist gross, fürwahr.
Mit einem dem Feierabend entgegenhechelnden Gruss aus dem Bembelland, dem einzigartigen, wie Sie sich denken können.
Ihr Herr Ärmel (der einzige!)
Röckeraffkniebeugendpinkeln! Eine wahre Kunst und Pflichtübung für alle Draußenmenschen. Frau muß sich bedeckt genug halten und dennoch trockentuchig bleiben. Pssst, ein Geheimnis: Ich übe das immer wieder heimlich, um es nicht zu vergessen. Wer weiß, wann der ganze Zivilisationsscheiß uns zurückkatapultiert, dahin wo keine Menschenschlange vor dem Sanyfairdrehkreuz verzweifelt und man sich nicht selbst richtigörtlich das Lauthinterngetöse verkneift, weil zwanzig Mitmenschen es mithören müssen, was einem egal sein könnte, aber die ganze Atmosphäre ist so verdammt wellnessig!
Du liebes bißchen, von Kätzchen zum Misthaufen übers Herzhäuschen und mittenmang rin ins Geschäftsgespräch… naja, Leben eben.
Ich sende Ihnen entspanntruhige Grüße nun und wünsche selbiges, mein lieber einzigartiger Ärmelmann, die Ihre.
Das einzige was zählt ist das wirkliche Leben ~~~~
Morgenfrostige Grüsse aus dem schneeregnerischen Bembelland
~~~~~~~ mit allen seinen Facetten und Eigenheiten, ja. Schneeregnerische Grüße zurück, innensonnig erhellt, die Ihre.
Oh Käthe, wie schön. Welch schöne traurige, leider mit Verlust gespickte, dennoch happyendummantelte Geschichte. Gott wäre ich ebenso in Tränen zerflossen.
Da fällt mir die vermeintliche Killdiefeldmaus Geschichte ein. Hach, sie wird kommen die Tage. Es braucht ganz viele Happy ends gerade.
Gedrückt und ganz nah, deine Mia, gerade denkend an die kleinen Kitten. Hach…
Ja, eine glücklich endende Geschichte. Doch das Leben auf einem Bauerhof, es war ein geerdetes, manchmal rohes. Die meisten Kitten bekamen wir Kinder ja gar nicht zu Gesicht, weil sie irgendwo in Stallung und Scheune zur Welt kamen. Und nicht alle überlebten, wie auch…
Ich drücke Dich herznah zurück, die Tränen wegstreichelnd, Deine Käthe.
Der fiese Onkel Willi aus Ostpreußen warf solche blinden Zartdingerchen einfach…Wir waren kleine Mädchen und er war leider allmächtig.
Bei Ihnen hat sich das ja schön entwickelt!
Nunja, es war eine einmalige Ausnahme. Die Kitten hatten Glück ob der verschiedenen Trefflichkeiten. Dennoch bleibt es mir eine schöne Erinnerung und den Geruch von Alpenveilchen und Kätzchen, den werde ich wohl nie vergessen. Wir ließen sie ja anfangs dort, da zwischen den Blumen im Fenster…
Herzlichst ein Schöndankgruß zu Ihnen gesendet, ihre Frau Knobloch.