bittemito

Monat: August, 2015

Montagsmorgenfrohmachmomente

*Der Spiegelmondbruder sendet Fernfreundlichgrüße vom geliebten Orion, meinem immer schon Liebstwinterbegleiter. Und die veränderten Nachtgeräusche künden vom Ende des Hochsommers. Kaum noch ein Nachtvogel, stattdessen Igelgeschnauf und Waschbärgefauch. Bauchvollschlaggeräusche. Und ich teile meinen Baldachin mit etlichen Spinnen, die große Wespenspinne komplimentierte ich jedoch hinaus…

augustmond

*Frieden liegt über jedem Fitzelchen meines Thuns. Das Erwachen athmet tiefe Harmonie, die kein Alarm kreischend zerreißt. Die Morgengymnastik freiwillig draußen und der erste Kaffee auch, die Terrassentür weit offen, keine Angst vor Eindringlingen. Der Kühlküchenknecht zum Bersten voll, die Stullenboxen für das Tagwerk kann ich reichlich füllen , Obst und Gemüse frisch dabei. Friedliebeflüstergespräche umhüllen uns…

*In der Stadt ist es nur Neubaulärm, der die Morgenstille zerschneidet, nicht das Weggescharre von Trümmern. Die Bauarbeiter rufen sich Kurzknappanweisungen zu und ich kann ein prustendes Lachen nicht in mir behalten als der Baggerfahrer seinem Kollegen laut zuruft:“ Vorsicht! Ich komm‘ jetzt von hinten!“ Die anderen fallen in mein Lachen ein, ich eile hochrotkopfig aber breit grinsend weiter…

*Der Weltenlastträger, dessen Namen ich inzwischen weiß, wartet gerade und offenblickig auf mich am inzwischen gewohnten Platz. Heute braucht er nichts weiter als ein paar freundliche Worte und eine Hand, die seine kurz hält. Wie stets verspricht er für mich zu Allah zu beten und ich verneige mich dafür vor ihm. Ich kann sein Genuschel jetzt fast komplett verstehen…

*Der ältere Eiligdürrmann, der schon so oft meinen Morgenweg kreuzte und immer nur kurzknappnickte, paßt sich heute in Richtung und Tempo meinem Gang an und macht mir unerwartete Hochkomplimente, die meine Wangen erneut aufflammen lassen. Schnarrend rußlanddeutscht er mir achtungsvoll seine Freude über meinen bepannipünkteten Anblick entgegen und ich danke auch ihm, eine Verbeugung andeutend…

*Mein Floratelier läßt mich wie immer glückseufzend seine Türen öffnen, ich fange an zu fegen und zu räumen, da pfeift es mir aus dem Langgang fröhlich entgegen. Der bisweilen sehr spröde gehetzte Postbote ruft mir ein „Heute schon wieder Schönpost für Sie, sogar aus dem Ausland!“ zu und läßt sich bereitwillig stellvertretend umhalsen…

*Ich klappe nach kurzer Abstinenz die Schleppapparatur auf und werde mit Freundlichliebworten und Mutmachsilben überhäuft. Ich denke an Saheds Worte: „Es gibt überall böse Menschen, die sind meistens die lautesten. Halte dich an die stillen, feinen, die bewirken leise Gutes.“. Und bin für einen Riesenmoment einfach nur sehr froh, ein minifitzelkleiner Teil vom Großenundganzen zu sein. Montagsmorgenfrohmachmomente eben…

Obacht! Furie quert um Contenance ringend…

Ich hätte es nicht tun sollen. Mich weiter der medialen Flut entziehen müssen. Ahnte doch längst aus den unvermeidlichen Schnippselchen, die eines jeden Augen und Ohren besudeln müssen, in welchem Unrat und geistigen Dünnschiss man da ersaufen kann. Aber ich wollte recherchieren. Der Lichtundschattentext war nur ein kleiner Anfang. Ich habe meinen Opa da gesucht und ich habe ihn für mich gefunden. In Bautzen, verurteilt von einem russischem Militärschnellgericht. Vorher Naziknast, danach Stasibunker… Die Geschichte ist jedoch noch nicht erzählbereit. Aber ich erzähle nur umrissen allen gerne die andere, die meiner Ominkel. Nein, gerne erzähle die eigentlich nicht, denn Wut diktiert mir die Fingerkuppen…

Bäuerin, zwei kleine Mädchen, noch keine zehn Jahre alt; mit einem Leiterwagen auf der Flucht. Quer durch Deutschland. Mann und Sohn irgendwo im Krieg verschollen. Angst um Leib und Seele. Heimat und Habe zurückgelassen, angewiesen auf fremde Hilfe. Bettelnd jeden Abend um einen Platz in einer Scheune. Weggeschickt mit abfälligen Bemerkungen und einem zynischen „Mit Kleinkindern? Bloß nicht!“. Am Straßenrand Leichen und ständiges Geballere aus irgendwelchen Hinterhalten. Die blonden Zopfmädchen wurden gierig beglotzt und Ominkel einmal mehr zur Löwenherzmutter…

Verdammte Scheiße, das ist erst ein weiteres Omaleben her! Und dann wagen es unreife Spacken, ihren unflätigen dummen und niveaulosen Hirnschiß in die Welt zu pöbeln?! Elende Klappspaten, konsumverkleisterte Unklugschisser! Ohne diejenigen, die unseren Omas und Mamas die Hand, Brot und Wasser gereicht hätten, gäbe es euch gar nicht! Nur dank der Menschlichkeit dieser Unvoreingenommenen hielten sie durch, kehrten zurück und bauten neu auf, was der Grundstock unseres Wohlstandes nun ist. Auf dem ihr euch den Arsch breitsitzt und die Daumen krummdaddelt. Weil es ja so einfach und bequem ist, anonym zu ‚haten‘. Ich will mich nicht schämen, weil ich nichts für euer Geseiere kann, mir bleibt nur eines: Euch zu wünschen, in einer ähnlichen Notlage zu stecken und dann zu erfahren, was Menschlichkeit wirklich heißt! Eure Mama könnte ich gewesen sein und wir alle existieren nur dank der Nächstenliebe, nicht wegen des Hasses, den ihr gepachtet zu haben scheint. Schämt euch selbst und eure beschissene Kleingeistigkeit, ich habe dafür keine Zeit, ich will noch zu Sahed, fragen, wie es ihm geht…

…weil nur Schatten sein kann, wo das Licht ihn duldet.

Ich badete in Lichtgedanken, schwamm in Lichterseen und lichtete sogar einen dunklenschlammigen Anker. Davon wird noch weiter zu berichten seyn. Doch immer schwang auch ein Schatten mit. Ich habe ihn geahnt, bevor ich ihn sah. Er ist ja da, ein steter Begleiter. Dort und an anderen Orten. Als Ahnung oder als manifestierte Gestalt. Ein Wimpernschlag genügt, ein kurzer Seitenblick und das Bild verändert sich. Japsend ringt man dann um jeden Augenaufschlag, hofft, das Dunkle erleuchtet sich. Doch wo Licht und Schatten sich treffen, wird es manchmal Grau. Grauenhaft gar. Deduldet dennoch nur vom Lichte. Den vielen Lichtspendern sei gedankt…

Damit wir die Schatten nicht vergessen:

Gedenkstätte Bautzen

Wikipediageteiltes Wissen

Frauwürziglichfantastösfetzigwortfragen

Der Hochsommer ging und erste Stöcker werden wieder in die Vorgärten gelegt, um ordentlich Klafterholz für die Heizsaison zu stapeln. Hier macht die fabulöse Frau Meertau den Anfang und schubkarrte mir kwasi ihr Holz vor die Hütte… ähem, oder so. Danke dafür und frischdrauflos:

>In welchem Land würdest Du gerne ein Jahr verbringen und was tätest Du dort?

In Portugal, speziell auf Madeira. Ich würde mir ein Häuschen mit ein wenig Land anschaffen, im Nordwesten der Insel und versuchen, mich zu integrieren. Vielleicht als Inselbegleiter für interessierte Reisende mich anbieten und aktiv gegen die Kreuzfahrtmassentourikübelei ankämpfen.

>Beruf – Berufung – Job – Work-Life-Balance….. wie hälst Du es?

Arbeits-Lebens-Balance, ich übe weiter auf diesem manchmal sehr wackeligem Drahtseil. Es klappt gerade sehr gut, weils im Moment nicht so stürmt und das Seilchen heftig hinundherschwingen läßt. Und ein Schirmchen dabeizuhaben, ist immer nützlich, wenns doch mal runterpustig wird. Mit Punkten. Der Schirm, nicht das Seil.

>Natürlich bist Du ein freundlicher Mensch. In den seltenen Ausnahmen, …. welches ist Deine favorisierte Dominanzstrategie?

Ich betone energisch meinen eigenen Tanzbereich und verweise den Aggressor daraus. Wie? Tief Luftholen, Brust raus, gerade machen, Arme mit offenen Handflächen strikt durchgedrückt auf Schulterhöhe von den Seiten aus nach vorne führen, bis die Daumen sich kreuzen und laut und fest sagen: „Das ist mein Tanzbereich und du kommst hier nicht rein!“ Ob das dominant ist, weiß ich nicht, bei mir dominiert die Freundlichkeit. Es gab Situationen, in denen ich arg schlimm auf Übergriffe reagierte, allerdings möchte ich die nicht als beschreibenswert hier darstellen. Stellen Sie sich bitte einfach einen überzwerchten Terrier vor.

>Hast Du Pflanzen? Wie gehst Du mit Ihnen um?

Ich achte und ehre sie, wie fast alle Lebewesen, die mich auf meinem Weg begleiten. Langjährige Weggenossen bekommen sogar Namen, so habe ich eine Sanseverie namens Yoda, eine Strelitzie, die Regina heißt oder auch… Mooooment, der Aeschynanthus bittet errötend um Diskretion. Naja, Schamblumen halt.

>Welches sind Deine 2-5 persönlichen (Kindheits-)Helden?

Ominkel und Mama Löwenherz als reale Helden, Panni Pünktchen, Lütt Matten und Tuppi Schleife als Buchfiguren, dann kam Harka und dann war ich viel zu zeitig erwachsen.

>Womit vertrödelst Du gerne Deine Zeit?

Ich liebe dieses Wort: Vertrödeln! Danke dafür und es kann nur drölfzichtausenddrollich Antworten darauf geben: Ich verschönheitspupilliere, verfunkelaugenblitze, verlachfaltendeltaiere, verseufzjubiliere, verhachbuchstabiere, vertraumtanzwalzere, verflatterherzgaloppiere, verflinkfingertastatuiere, vertröstarmumhalse, verfeinstdrehfoppjustiere, versilbersilbenlawiniere, verflitschsteineiere, verrumhängemattiere, verzwiegesprächflüstere, verrundstaunbeäuge, verflipflopflippe… ähem, wie war nochmal gleich die Frage.. ach so, meine Zeit…

>Was liest Du gerade?

Fabulöszeitvertrödelndefragen.

>Du schreibst, weil….?

… ich es endlich wieder kann.

>Wie möchtest Du Deinen 77. Geburtstag feiern?

Das weiß ich heute noch nicht, doch ich weiß wie er enden soll, nämlich wie jeder andere zuvor: Mit einem Dankesgruß ihn erlebt zu haben, möglichst mit den Liebstmenschen um mich herum und einem Innigdank an die, die nicht außenhüllig dabei sein konnten, doch unter meiner Haut ordentlich mitmazurkaten.

>Hättest Du ein Schiff…. welches wäre es, welchen Namen trüge es?

Ein eigenes Schiff? Uik, ein Katamaran vielleicht. Mit Segeln, wenn es das gibt. Beim Namen bin ich jedoch sicher, ich pinselte ihn eigenfreihändig klecksblauleuchtend an: Esperança.

>Das Wesen der Liebe…?

Für eine Antwort darauf dürfen Sie mich in einem meiner schönsten Träume begleiten:

Sachtes Wellenanlanden murmelt sich in Ihr Ohr, die Luft ist feinsamtwürzig, Kinderlachen suppensalzt diesen Sinnengenuß und ab und an ein Juchzen. Sonnenstrahlen küssen warmkribbelnd Ihre Schultern und die Schwarzkiesel zu Ihren Füßen sind wohlrund und spielend leicht kollernd auszubalancieren. Tief und vertikal die Athemzüge, unter Ihrer Haut möchten tausend Gärten erinnerlicht aufblühen. So intensiv ist dieses Fühlen, daß Ihr Wimpernvorhang beginnt zu flattern, möchte all das Sehnen und Sinnen bestaunen und eindioptrenieren. Einen Moment noch kosten Sie diese Sehensucht aus, dann öffnen sich Ihre Lider. Und Ihr Blick bleibt kurz an dem Schiff hängen, das gerade knapp vor dem Horizonte Ihre Sicht quert. Wandert weiter, zu denen, die Sie von Herzen lieben, sichtbar, oder nur als vager Schatten für diesen einen kostbaren Moment und kehrt doch zurück zu diesem besegeltem Gefährt, auf dessem Seite blauleuchtend dieser Name steht: Esperança. Stillseufzend erkennen Sie ein Wesen der Liebe, die Hoffnung, die niemals stirbt. Eines von vielen nur, doch vielleicht das wichtigste…

Statt neuer Fragen gebe ich diese meertauigen gerne weiter, weil sie wirklich gut sind und die Denkapparatur in Schwung bringen. Ich bitte um reichliche Beteiligung bei gewogenem Interesse und nominiere wie immer nur einen, aus Tradition und weil das Vergnüglichkeitsbeenebaumelgör was von Sehnsucht und blöden langweiligen Einhornpupstrostlosweiden mault, so ohne seinem Lieblingsumdenhalsschmeißer. Herr Guinness, ich darf doch mal wieder bitten?!

Und weil das innere Spielkind dank dem immer überraschenden Faktoiden gerade juchzend auf Zehenspitzen ballerinasiert und zu einer ordentlichen Nabelschau auch passendes Bildmaterial gehört, hier noch ein Porträt der Fragenbeantworterin, welches doch recht trefflich ist:

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Wasserfließgeschichten- Teil I Mein Bach

Mein Bach wurde eigentlich ‚Bache‘ genannt. Baaache mit langgezätschtem a. „Passt ock uff, Kindersche, kummt nu nie zu nahe anne Baaache! Die Gebauers Marie kummt sunst und holt euch nunder!“ so rief Ominkel es uns hinterher, wenn wir zum Spielen ausschwärmten im Gehöft an der Biegung des Flusses. Denn eigentlich war der Bach tatsächlich ein Fluß. Benamst sogar als ‚Weißer Schöps‘. Doch er blieb für uns die Bache. Und die Gebauers Marie eine stetige Mahnung. Es wird erzählt, die Kirchglocken im Niederdorfe hätten von alleine angefangen zu läuten, als der gellende Schrei ihrer Mutter durch die Flußaue hallte. So mancher Trunkenbold fand über die Zeiten in ihm sein nasses Ende, doch die Marie schwebte als Rotnaßkleidbündel warnend über unseren wasserinspirierten Spielen.

Angeln, käschern, Buden in den Weiden bauen und die Uferbäume beklettern, wie waren immer draußen. Im Winter führte unser Schulweg auf Kuven flußaufwärts und ach, allein über die jährlichen Hochwasser gäbe es Seiten zu füllen. Doch meine Erinnerung bleibt im Sommer stehen. Beim Fische anfüttern, zumindest in frühen Jahren, dann ließ der unkontrollierte Abwasserzufluss den Schöps umkippen. Es sollte Jahre dauern, bis der Fluß sich erholte. Jetzt kann man zumindest wieder beenebaumeln und der Eisvogel ist zurück, ich habe es jüngst gesehen. Rotaugen, Flußbarsche und auch Hechte werden wieder geangelt und Mama Löwenherz und ich erwogen sogar, eine Schwimmrunde zu wagen. Aber die erfolgte erfrischenderweise andernorts…

Zurück zu meinem Erinnerungsschub: Zum Fluß gehörte die sogenannte ‚Schöppe‘, einst als Wäscheanlaufstelle gebaut und als Bootseinstieg, war sie fast einen Sommer lang mein Lieblingsort. Bäuchlings lag ich auf ihr und spähte aufmerksam in das Wasser unter mir. Ich war schon immer geduldig in meiner Vorfreude, doch hier tat sich leider wochenlang nichts. Nur Matschpampe im abgeschnittenen und verknotetem Nylon von Mama. Ich hatte aufgeschnappt, daß ihre tolle sanftleuchtende Bernsteinkette aus Baumharz entstanden war und wollte mir so was Schönes auch zu eigen machen. Fing das Harz des Kirschbaumes auf und hing es versteckt unter der Schöppe in die Bache. Und wartete, wartete, wartete…

Das Gelächter des Großbruders schallte wohl auch sehr laut durch die Aue, nachdem ich stolz von meinem Getue berichtete und der Herr Papa schüttelte einmal mehr sein Haupt über den Kwatschkram des jüngsten Sippenkindes. Ich weiß bis heute nicht, ob er mich Zeitchen später meinen ersten echten Bernstein im Ostseeurlaub absichtlich finden ließ, doch zuzutrauen wäre es ihm. Ach Papa, ich hätte noch viel mehr Fragen gehabt, doch antworten wolltest du nie…

Meine Bache, mein Fluß, für ein paar Stunden brauche ich dich bei jedem Besuch für mich alleine. Du hast mich als erstes gelehrt, daß Wasser immer fließt, so wie die Wellen der Zeit. Und daß Kostbarkeiten manchmal verdammt lange wachsen müssen, ehe man sie als solches begreift.

Kaum zurück von meiner zwostündigen Rudertour, fiel dann endlich der sehnlichst erwartete Regen. Damit das Wasser immer weiter fließt…