Wasserfließgeschichten- Teil I Mein Bach
von Käthe Knobloch
Mein Bach wurde eigentlich ‚Bache‘ genannt. Baaache mit langgezätschtem a. „Passt ock uff, Kindersche, kummt nu nie zu nahe anne Baaache! Die Gebauers Marie kummt sunst und holt euch nunder!“ so rief Ominkel es uns hinterher, wenn wir zum Spielen ausschwärmten im Gehöft an der Biegung des Flusses. Denn eigentlich war der Bach tatsächlich ein Fluß. Benamst sogar als ‚Weißer Schöps‘. Doch er blieb für uns die Bache. Und die Gebauers Marie eine stetige Mahnung. Es wird erzählt, die Kirchglocken im Niederdorfe hätten von alleine angefangen zu läuten, als der gellende Schrei ihrer Mutter durch die Flußaue hallte. So mancher Trunkenbold fand über die Zeiten in ihm sein nasses Ende, doch die Marie schwebte als Rotnaßkleidbündel warnend über unseren wasserinspirierten Spielen.
Angeln, käschern, Buden in den Weiden bauen und die Uferbäume beklettern, wie waren immer draußen. Im Winter führte unser Schulweg auf Kuven flußaufwärts und ach, allein über die jährlichen Hochwasser gäbe es Seiten zu füllen. Doch meine Erinnerung bleibt im Sommer stehen. Beim Fische anfüttern, zumindest in frühen Jahren, dann ließ der unkontrollierte Abwasserzufluss den Schöps umkippen. Es sollte Jahre dauern, bis der Fluß sich erholte. Jetzt kann man zumindest wieder beenebaumeln und der Eisvogel ist zurück, ich habe es jüngst gesehen. Rotaugen, Flußbarsche und auch Hechte werden wieder geangelt und Mama Löwenherz und ich erwogen sogar, eine Schwimmrunde zu wagen. Aber die erfolgte erfrischenderweise andernorts…
Zurück zu meinem Erinnerungsschub: Zum Fluß gehörte die sogenannte ‚Schöppe‘, einst als Wäscheanlaufstelle gebaut und als Bootseinstieg, war sie fast einen Sommer lang mein Lieblingsort. Bäuchlings lag ich auf ihr und spähte aufmerksam in das Wasser unter mir. Ich war schon immer geduldig in meiner Vorfreude, doch hier tat sich leider wochenlang nichts. Nur Matschpampe im abgeschnittenen und verknotetem Nylon von Mama. Ich hatte aufgeschnappt, daß ihre tolle sanftleuchtende Bernsteinkette aus Baumharz entstanden war und wollte mir so was Schönes auch zu eigen machen. Fing das Harz des Kirschbaumes auf und hing es versteckt unter der Schöppe in die Bache. Und wartete, wartete, wartete…
Das Gelächter des Großbruders schallte wohl auch sehr laut durch die Aue, nachdem ich stolz von meinem Getue berichtete und der Herr Papa schüttelte einmal mehr sein Haupt über den Kwatschkram des jüngsten Sippenkindes. Ich weiß bis heute nicht, ob er mich Zeitchen später meinen ersten echten Bernstein im Ostseeurlaub absichtlich finden ließ, doch zuzutrauen wäre es ihm. Ach Papa, ich hätte noch viel mehr Fragen gehabt, doch antworten wolltest du nie…
Meine Bache, mein Fluß, für ein paar Stunden brauche ich dich bei jedem Besuch für mich alleine. Du hast mich als erstes gelehrt, daß Wasser immer fließt, so wie die Wellen der Zeit. Und daß Kostbarkeiten manchmal verdammt lange wachsen müssen, ehe man sie als solches begreift.
Kaum zurück von meiner zwostündigen Rudertour, fiel dann endlich der sehnlichst erwartete Regen. Damit das Wasser immer weiter fließt…
wie herrlich, sie machten den bernstein eines tages selbst. was für eine wunderbare idee. sicher hätte es irgendwann auch geklappt mit dem ins wasser hängenden baumharz.
falls sie hier mal anlanden, werde ich schon mal bernsteinchen auslegen.
Sie meinen, ich hätte mehr Geduld aufbringen müssen? Die paar Milliönchen Jahre? Eigentlich haben sie ja Recht…
Mein ureigener Bernstein ist immerhin virtuell etwas geworden, begleitet er doch Clara durch all ihre Zeiten.
Hachherzige Grüße an die Insulanerin, immer die Ihre.
Und schwupps lacht mich Lütt Matten aus Ihrer eigenen Geschichte an! Aber dazu andernorts mehr.
Verzauberungsfotos – wunderschön
Helden der Kindheit färben halt irgendwie doch ab, meine Liebe. Vielleicht sogar ein wenig hoch in den Bergen…
Danke für die Verzauberungsworte, ein wenig Magie wohnt immer dort am Fluss.
Herzlichst, die Ihre, abersowasvonsiewissenschon.
So ein schöner Text, ich werde ihn dem kleinen Bach erzählen, an dem ich heute noch vorbeiradeln werde, er wird das eine oder andere sicher in sein Lied einbauen, das er singt, während er über die Steine hinunter plätschert…liebe Grüsse
Eine wundervolle Vorstellung, die Sie mir da einpupillieren, werte Graugans. Ich freue mich bachmurmeligkieselhüpfig darob. Und sende natürlich liebe fernfreundliche Grüße zurück, herzlichst, Ihre Frau Knobloch.
Seufz…ja, wie wunderbar… Keschern war auch ich immer und es war so spannend. Und stromern mit den Kumpels, Banden bilden und Höhlen im Wald bauen, in die man nur mit Geheimwort kam…
Sie sehen mich angemessen mitseufzen, lieber Tristan…
Stromern gehe ich waldwärts allerdings bis heute am liebsten alleine, kwasi als Einerbande.
Windige Grüße aus Lipperlandien, stets die Ihre.
Heute, ja…heute geh ich auch am allerliebsten ungestört allein durch den Wald. Die Chance, einen gleichstill Verbundenen Menschen mitnehmen zu wollen, hält sich sehr in Grenzen. Früher waren wir laute und unbewusste Entdeckerbande(n)… ;-) sonnige Grüße Ihnen!
Die Geschichte mit dem Nasskleiderbündel, schwimmend, hat es in sich!
Hoffentlich wissen Sie noch alle Fragen, unbeantwortet vom Vater – das ist auch was wert!
Angesichts eines solchen Wunderbarflusses kommt man doch ins Nacktfußfilosofieren, nicht wahr!
Gruß nach zwei Fährrheinüberquerungen von hier- und einen schönen Blumenbinddufttag für Sie
Hat nicht fast jeder Ort so eine Insichhabgeschichte zur Kinderbändigung an gefährlichen Orten, meine Liebe?
Die unbeantworteten Fragen, so manche würde ich zu gerne gänzlichst vergessen, zeitweise gelingt es doch immer besser. Am besten bei Nacktfußfilosofierereyen…
Liebe Grüße retoure, windumfrischt, die Ihre.
Alles ist im Fluss, auch in Ihren innig erzählten Erinnerungen.
Herzlichen Dank für den Schneckengruß!!
Michael
Danke für Ihre Fließworte, ich grüße herzlich zurück.
Ihre Käthe, herzvoll zugeneigt.
Jetz aber schnell den Storm besorgen, den Theodor, dann „Aquis submersus“ lesen (jaja, für heutige Verhältnisse ein blöder Titel für eine Novelle) und dann die Frage beantworten, warum passt diese Geschichte zu jener – oder eben andersrum…
im Übrigen einmal mehr: Applauuuuus!
Herrjeymitmineh, Sie werden auch immer kühner mit Ihren Vergleichen, Verehrtester!
Andererseits ist die Sichbesorgung von Storm eine generell bonfortionöse Idee…
Und danke für das Handgeklapper, ich freue mich windahornraschelig.
Herzlichst, die Ihre.