…weil nur Schatten sein kann, wo das Licht ihn duldet.
von Käthe Knobloch
Ich badete in Lichtgedanken, schwamm in Lichterseen und lichtete sogar einen dunklenschlammigen Anker. Davon wird noch weiter zu berichten seyn. Doch immer schwang auch ein Schatten mit. Ich habe ihn geahnt, bevor ich ihn sah. Er ist ja da, ein steter Begleiter. Dort und an anderen Orten. Als Ahnung oder als manifestierte Gestalt. Ein Wimpernschlag genügt, ein kurzer Seitenblick und das Bild verändert sich. Japsend ringt man dann um jeden Augenaufschlag, hofft, das Dunkle erleuchtet sich. Doch wo Licht und Schatten sich treffen, wird es manchmal Grau. Grauenhaft gar. Deduldet dennoch nur vom Lichte. Den vielen Lichtspendern sei gedankt…
Damit wir die Schatten nicht vergessen:
Lichtspender – ja!
Habe den Ort als sehr düster in Erinnerung. Habe mich gewundert, später erkundigt über die doppelten Straßennamen dort, einmal normal, einmal sorbisch.
Und dass einer, den ich früher gerne las, dort einsaß. Walter Kempowski.
Meine Freundin kennt Frauen, die in Bautzen II – Hoheneck – gefangen waren, allesamt stark traumatisiert. Trotzdem oder „weil“ singen sie in ihrem Chor mit…
Gruß vom Freiheitsvogel
Ich habe mich lange gefürchtet vor diesem Ort. Der Opa wurde dort endgültig gebrochen nach Kriegsgefangenschaft. Und auch mein Onkel, der ihn als einziger besuchen durfte, kam danach verändert zurück. Ich trage noch Puzzleteile zusammen, auch wenn ich mich immer wieder furchtbar erschrecke. Im Vergessen aber würden manche Lichter endgültig erlöschen.
Grüße vom Freiheitsvögelchen zur Wildschöngans.
„Wir sangen für Bahro in Bonn und Paris, doch er sitzt noch immer in dem Stasi-Verließ…“ (Pannach&Kunert 1979);
Kempowski hat mit seiner Biografie u.a. in „Tadellöser&Wolf“ die Bautzener 50er Jahre Knast-Zustände bekannt gemacht.(Sehr gut verfilmt in den 60ern als 3-Teiler.)
Erich Loest ebenfalls als er ende der 70er in den Westen ging. Von da an interessierten sich Westmedien für diesen Knast – und vergaßen, nach weiteren zu suchen: Cottbus war zahlenmäßig größer. Von da hat man aber nie etwas gehört.
Ich weiß nicht, was das innere Naivchen erwartet hat, aber ich mußte immer wieder raus in den Trostsanftregen. Tondokumente, die Filme, die Bilder und Gegenstände… Die Arrestzellen… Dann die Photos und Eckdaten mancher Aufseher, am liebsten möchte man die ausfindig machen und denen vor die Füße spucken.
Den heftigsten Nackenhieb dann unerwartet: Häftlinge haben dort die Frösi zusammengefriemelt. Ja, du Naivchen, was haste denn erwartet?! Friede, Freude, Eierkuchen oder was…
Luft holen, Knoblochen… Mein Opa war Opfer eines der sowjetischen Militärgerichte. Brandstiftung. Er wollte das Hornissennest in der eigenen Scheune ausräuchern, nachdem eine sein geliebtes Jüngstmädchen, das er Jahre nicht beschützen konnte, gestochen hatte. Scheiße, er hat den Krieg und die Gefangenschaft überlebt und wurde dann in der Heimat kaputtgemacht… ach, tschuldigung, muß raus…
Schluck. Mein Beileid. Ich habe in der eigenen Familie ein ähnlich tragisches Beispiel (NS-Zeit) und in der Schwiegersippe noch eins (Stasiknast) – gab es eigentlich komplett verschonte Familien im 20. Jahrhundert? Spurensuche ist wohl immer schmerzhaft.
Ich stand 1999 vor „meinem“ Vaterhaus im Sudetenland. Ein tschechischer Lebensmittelladen. Ich platzte vor Neugier: Hätte gern eine Hausbegehung gemacht – aber ich hab nicht gefragt. Der Außenanblick und ein aktuelles Foto aus Großmutters Ofenbankbildperspektive musste reichen.
Zwei Jahre später war ich wieder da und hab den halben Ort fotografiert. Eine alte Großtante von mir is mir für die Bilder um den Hals gefallen…Ich hör auch schon auf, vielleicht wird doch noch ein Post draus; vielleicht auch nicht.)
Schreiben sie es ruhig auf, Verehrtester, es wurde zu vieles bereits vergessen…
Danke für Ihre Worte und einen guten Wochenstart, herzlichst, die Ihre.
oh, wie schwer schlucke ich jetzt, ich Saumselige, wollte doch öfter herkommen und verschlampte mich wieder.
Aber jetzt las ich Bautzen, Erschrecken pur und ich verstehe die Schatten, die auch das sanfteste Licht nicht ausmerzen kann, denn sie sind im Kopf eingebrannt. Ihr Opa, liebe Käthe? Dann sind die Schatten doppelt massiv und noch mehr als Licht gibt es nicht…
Möge es nie mehr Lager geben und keine Menschen, die sich zum Erschießen anderer Menschen hergeben.
Sinnlos sind meine Worte, denn diese Dunkelseite tragen wir in uns und sie macht uns zu schaffen, mehr und mehr, Bautzen und die anderen alle tragen wir in uns und werden sie nicht los.
Manchmal fällt das Abschütteln des Schweren zu schwer und so ganz schaffen wir es nicht…
LG von Bruni
Wir dürfen nicht vergessen, daß genau jetzt ja doch allerorten ähnliches geschieht, deswegen ist das Licht so wichtig, liebe Bruni. Und auch nicht die andere Seite gibt es zu bedenken: Welche Schuld lud mein Opa sich auf im menschenveränderndem Kriege? Ich weiß es nicht und werde es nie erfahren…
Danke für Ihre Wohlworte und mögen unsere Schatten beherrschbar sein, Ihre Käthe, herzlich zugeneigt.
[…] immer der friedliche Ruhestifter, wenn innenhäutig alles zu lodern scheint. Wie kamen just aus Bautzen , ich mußte mir wenigstens Eindrucksfitzelchen kladdig notatieren, so überdreht kreiselte noch […]