bittemito

Monat: November, 2015

Tuppi Schleife, das Eitelkeitstrinchen und die Pragmatikerpraktikantin

So viele Tage, da ich mich tuppischleifig fühlte und kwasi über angesägte Brückengeländer balancierte. So viele Tage, da ich imaginäre Kartoffelpuffer um Kartoffelpuffer buk und Grobiane liebte. So viele Tage, da ich mich ziegenpeterig fühlte und dennoch lachte. Und dann der Tag, da ich plötzlich aussehe wie Tuppi Schleife. Nur in dunkel halt. Und eigenhaarigbeschleift. Fetzt!

Das innere Eitelkeitstrinchen bemängelt die augenringige Ablichterey und betont, daß man nach etlichen fuffzehnstundigen Arbeitstagen halt nur noch halbfrischig daherkommt, was die innere Pragmatikerpraktikantin schulterzuckend folgendermaßen behinweist: Dicke Oogen kannste besser belidstrichen!

Bestellkladde

Noch fehlen ein paar Häkchen, Tuppi dreht ihre Schleife erneut in den Pustewind. Das Eitelkeitstrinchen verdreht die Augen ob des schmerzenden Gestänges und der schwellgelenkigen Fleißfinger und die Pragmatikerpraktikantin schielt begeistert auf den gesammelten Nüßchenberg. Und weiter gehts…

Schneespasssauseschrittschnellschnappschießerei

Sie hören mich angemessen jubilierendfrohlockjuchzendflinknacktfußendjapsen…

… wenn derartkristallgestaltig ein Fleißsonntagmorgen beginnt, juchze ich noch abendstundig, obgleich müdverhaltener. Schnee in Lipperlandien. Endlich. Ich freue mich flinkfußeiskaltflitzendflippig.

Abendsnochtagwerkdankesnotat

Am Tage flinkfleißigen die Hände noch Trostaugenkränzchen, Gedenkgestecke und gewohnte Verblumisierung, doch die Zeit verrinnt für uns Floralkünstler derzeit anscheinend doppelt schnell. Immer früher die Anfragen, immer schwieriger der eigene Anspruch zu halten, erst dann Adventskonfektchen für die Sinne zu erstellen, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Auch mein Tag hat nur vierundzwanzig Stunden, die ich gernst aufstocken würde derzeit. So trage ich meinen Anspruch lächelnd in die Dunkelstunden hinein. Dann gehört das Floratelier nur mir, meinen tastend wandernden Gedanken an die Herzmenschen und jene, die es werden können und als ob dieses wohlwarme Sinnen sich dann in den Händen manifestiert, gelingt ein Floralkunstwerk nach dem anderen. Während leise Musik durch den Raum strömt als trügen die Noten die vorweihnachtlichen Wohlgerüche mit sich, verlischt sogar mein Zorn auf die Verpackungsverschwendung der notwendigen Materialien. Ich hebe Tüten und Umhüllungen auf, sie erfahren wenigstens eine weitere Nutzung. Alles wurde griffbereit angeordnet, das Werkzeug harrt seines Einsatzes und die Flinkfinger befleißigen sich. Natürliche Schönheit und kleine Flirts mit Glitzer und Kitsch wechseln sich ab, doch nie überwiegt der Kitsch. Gesammelte Materialien und einheimisches Grün verlachen mit mir jeden Trend. Der Frage nach dem jeweils jährlichem Konsumterrortrend, die wehre ich schon lange ab: Trend reimt sich zwar auf Advent, doch mehr Gemeinsamkeiten gibt es nicht. Wem das nicht als Antwort reicht, der bekommt einen Spanky in die Hand gedrückt. Auf Tanne. Mit Glitzerstaub. Photos davon gibt es erst in der Adventszeit, heute nehme ich mir die Zeit für eine Floratelierdokumentation. Und ich habe jemandem lila Rosen versprochen…

 

Gesternheutemorgen

Gestern noch dröhnte dein Lachen, heute klingt es mir wie unsichtbare Musik unterhäutig, die meine Sinne vibrieren läßt, gleich dem Mückchengeschwirre als flirrende Sommerreminiszenz. Gestern noch flossen die Tränen, die heute fast erstarrt am Wimpernvorhang kleben, als wären sie Baumharz, welches zäh die Rinde überzieht, die mich so deines Antlitzes gemahnt. Gestern noch strahlten deine Augen wie leuchtende Sommerblumen, von denen winters nur noch manchmal ein Abdruck bleibt oder die Ahnung eines Duftes, der sich in den Zipfeln meiner Stola verbarg. Gestern liebte ich dich genauso, wie ich diese Liebe heute in mein morgen trage. Danke für alles.

Für Herbert.

Volkstrauertaggedankengang

Ein wahrlich stiller Tag, selbst der ansonsten lebensbejahende Tropfregen mahnt die Menschen zu stummer Eile und schneller Wiederinneneinkehr. Tropfend perlt er an kondensierten Fensterscheiben ab, gleicht dem leisen Weinen derer, die trockensicher um all‘ die anderen trauern. Um die Opfer aller Nationen, im ehrendem Gedenken an jedwedes Menschenkind. Hie wie dort. Krieg, was für ein gewaltiges, alles verschlingen wollendes Wort. Lähmt uns, kriecht innenhäutig in unsere Gedankenspiralen ein und macht sich breit wie ein fetter Parasit. Nutzt nur ein paar wenigen und nährt sich von uns, die wir erstarrt vor Entsetzen keine Möglichkeit zur Wehr befleißigen können. Zu der wir doch durch unser eigenens Menschsein verpflichtet sind. Wir zünden leise weinend Kerzen an und sind auf einmal alle ein Teil von Paris. Warum nicht von Peschawar oder Beirut? Weil es uns näher ist, weil wir den kalten Hauch des Irrsinns auf einmal in unseren sich aufwellendem Nacken spüren. Wer fragt nach den Opfern des Krieges, die den Drohneneinsätzen geschuldet sind? Wir begreifen den Antrieb der sich selbst in die Luft sprengenden Menschen nicht, werden ihn nie verstehen. Rücken für ein paar Tage enger zusammen, weil unsere Fassungslosigkeit gemeinsam leichter zu ertragen ist. Ja, auch ich bin in meiner Trauer Paris. Und Metalhörer und Cafehausbesucher und Flanierer. Aber auch Moscheebesucher, Schüler und Bäckereibesucher soundso. Hochzeitsgesellschafter und ich war auch schon auf der Flucht. Eben ein Menschenkind. Heute ist es Zeit zum Trauern, doch dann müssen wir endlich die richtigen Fragen stellen. Die nach dem Grund des Terrors. Wem er wofür nutzt und wer ihn befeuert. Doch heute weine ich still mit dem Regen und beruhige mein ängstliches Herz, damit es mir nicht rasendklopfig zerspringt. Ich brauche es noch im Ganzen.

Heute Morgen wartete Ramsi, der Weltenlastträger, noch hängeschultriger an der Ecke auf mich. Triefend nass, auch das Gesicht und kein zartes Lächeln entfurchte sein Gesicht. „Ach, Ramsi, soviel Hass ist in der Welt.“ sagte ich. „Nicht für dich, ich bete zu Allah für dich.“ so seine Antwort. Können wir nicht alle im Guten füreinander beten, als Menschenkinder uns erkennen, die unterschiedlicher und gleicher doch nicht sein könnten?