Volkstrauertaggedankengang
von Käthe Knobloch
Ein wahrlich stiller Tag, selbst der ansonsten lebensbejahende Tropfregen mahnt die Menschen zu stummer Eile und schneller Wiederinneneinkehr. Tropfend perlt er an kondensierten Fensterscheiben ab, gleicht dem leisen Weinen derer, die trockensicher um all‘ die anderen trauern. Um die Opfer aller Nationen, im ehrendem Gedenken an jedwedes Menschenkind. Hie wie dort. Krieg, was für ein gewaltiges, alles verschlingen wollendes Wort. Lähmt uns, kriecht innenhäutig in unsere Gedankenspiralen ein und macht sich breit wie ein fetter Parasit. Nutzt nur ein paar wenigen und nährt sich von uns, die wir erstarrt vor Entsetzen keine Möglichkeit zur Wehr befleißigen können. Zu der wir doch durch unser eigenens Menschsein verpflichtet sind. Wir zünden leise weinend Kerzen an und sind auf einmal alle ein Teil von Paris. Warum nicht von Peschawar oder Beirut? Weil es uns näher ist, weil wir den kalten Hauch des Irrsinns auf einmal in unseren sich aufwellendem Nacken spüren. Wer fragt nach den Opfern des Krieges, die den Drohneneinsätzen geschuldet sind? Wir begreifen den Antrieb der sich selbst in die Luft sprengenden Menschen nicht, werden ihn nie verstehen. Rücken für ein paar Tage enger zusammen, weil unsere Fassungslosigkeit gemeinsam leichter zu ertragen ist. Ja, auch ich bin in meiner Trauer Paris. Und Metalhörer und Cafehausbesucher und Flanierer. Aber auch Moscheebesucher, Schüler und Bäckereibesucher soundso. Hochzeitsgesellschafter und ich war auch schon auf der Flucht. Eben ein Menschenkind. Heute ist es Zeit zum Trauern, doch dann müssen wir endlich die richtigen Fragen stellen. Die nach dem Grund des Terrors. Wem er wofür nutzt und wer ihn befeuert. Doch heute weine ich still mit dem Regen und beruhige mein ängstliches Herz, damit es mir nicht rasendklopfig zerspringt. Ich brauche es noch im Ganzen.
Heute Morgen wartete Ramsi, der Weltenlastträger, noch hängeschultriger an der Ecke auf mich. Triefend nass, auch das Gesicht und kein zartes Lächeln entfurchte sein Gesicht. „Ach, Ramsi, soviel Hass ist in der Welt.“ sagte ich. „Nicht für dich, ich bete zu Allah für dich.“ so seine Antwort. Können wir nicht alle im Guten füreinander beten, als Menschenkinder uns erkennen, die unterschiedlicher und gleicher doch nicht sein könnten?
Danke für diesen Beitrag liebe Clara!
Sie können es nicht ahnen, aber hier hat wirklich meine innere Clara geschrieben. Clara, meine Hoffnung, die nie verschwindet, auch im größten Grauen nicht.
Danke dafür, Ihre Frau Knobloch.
Hat dies auf ReBlog! Hier findet sich alles was mir gefällt. Über "Kategorie" wirds dann übersichtlich :) rebloggt.
Danke für diesen Beitrag, er spricht mir aus der Seele. Und ja, das ist genau die richtige Fragestellung: Wem nutzt Terror und wer hält die Fäden in der Hand? Es geht wohl um Macht und Geld wie seit Menschengedenken, nur heute mit anderen Mitteln. Aber wenn man diesen Gedanken zulässt, dann sind wir im Krieg. Ich mag das gar nicht weiterdenken, es macht mir Angst.
Unsere Angst darf uns nicht lähmen oder mit dem Hassfinger auf andere zeigen lassen. Besinnen wir uns auf unsere gleiche Menschlichkeit, das könnte ein Anfang sein. Und wir müssen wieder streiten lernen, denke ich.
Ich sende Ihnen warmherzige Grüße, meine liebe Frau Anhora, hier aus meinem friedvollen, lichterglänzendem und voradventduftigem Hort des Friedens.
Immer die Ihre.
Herzlichen Dank für Ihre stimmungsvollen Friedensgrüße, sie sind eben hier angekommen. :-)
Nein, wir wollen uns nicht der Angst ergeben, sondern nach vorne schauen und die Augen aufmachen. Damit wir sehen, wo Menschlichkeit gebraucht und angewandt werden kann.
Ein lieber Novembergruß zurück an Sie!
So isses. In ihrem Post stehen mehr richtige Fragen als in 4 Wochen SPIEGEL-Online je auftauchen würden. Immerhin gabs heute bei ZEIT-Online den „Wir sind alle Beirut“ Artikel.
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-11/beirut-paris-anschlaege-terror-solidaritaet
Keine Hierarchie der Toten. Genau so. Wir können durchaus unsere baulichen Wahrzeichen in Frankreichs Nationalfarben anstrahlen, aber ich erkenne keinen Sinn darin. Kann unsere Empathie denn hierarchisch sein? Der Fragenberg wird immer größer…
Ihnen einen warmen Gruß und eine direkte Frage: Wie stehen Sie zu der neuen Campact!-Kampagne? Ich hadere, weil fünf Namen auch nicht viel besser als ein gezeichneter Eifelturm sind. Und doch wäre es ein weiteres Zeichen.
Herzliche Grüße und danke für den Link, ein guter Text zwischen so viel Blablabla, Ihre Frau Knobloch.
Campact-Frage: Nö, man muss ja nicht auf jeder Hochzeit tanzen resp. Beerdigung mittrauern. Würde ich eine Opferfamilie kennen, würde ich kondolieren – aber so ins Anonyme: Von offiziösen Floskeln halte ich nichts.
Danke für diese Ihre Antwort, sie deckt sich mit meinem Denken. Es gab sogar Diskussionen hier deswegen, bei denen ich ziemlich alleine dastand. Deshalb meine Frage an Sie.
Grüße durchs Fisselgrau, die Ihre.
Gut, dass es Sie und ihre Worte gibt, die Sie hier teilen, liebe Frau Knobloch!
Danke, meine liebe Frau Maribey und ich merke wie so oft, daß Schreiben wirklich hilft. Wenn auch nur ein ganz kleines bißchen, doch der Athem wird freier dadurch.
Liebe Grüße, die Ihre, herzvoll zugetan.
Ja, es hilft. Auch den Lesern, es ist gut, solche Worte zu lesen und zu wissen, dass gibt es diese mitfühlenden Menschen wie Sie.
Ich mag es, wie Sie und Ramsi miteinander umgehen. Das schenkt Glauben in die Menschen. Ihr Zeilentiger
Möge dieser Glauben wieder vermehrt Beachtung finden, lieber Zeilentiger. Weil es wirklich wurscht ist, zu welchem Gott wir beten oder wie wir aussehen. Mich schaudern die scheelen Blicke, die jetzt fliegen gegen die, die Frieden bei uns suchen.
Ihnen einen Dankeslächelblick sendend, die Ihre, zugeneigt.
Geben Sie bitte nicht auf, Frau Knobloch. Sie haben ein so großes, warmes Herz, es wäre ein Jammer, wenn es ihm zu gram werden würde.
Herzlichst, Ihr Zeilentiger
Keine Bange, mein Herz mag mitunter holperstolpern, doch seine Größe bleibt wie sie ist. Mir ist heute mehrfach ein Satz im Kopfe rumgehulahupt: „Ich glaube an den Glauben.“ Ist es vermessen zu sagen: „Ja, denn ich glaube an mich!“?
Müdgedachte Grüße an Sie, die Hände wollen weiterwerkeln, mal sehen, wie der Kopf da mittut.
Liebe Grüße in den Abend, die Ihre, sorgdankend.
War es schon der Abschuss des Flugzeuges, der uns das mulmige Gefühl näher brachte, verschwand dies schnell wieder aus dem Medien und unserem Alltag. Doch langsam merken auch wir, dass Unfrieden herrscht. Beirut ist fern, Paris gefühlt eher um die Ecke…
Berührt uns nun, was uns die Flüchtenden aus Syrien berichten?
Und bei allem Schrecken, geht auch mein Alltag weiter, ich fasse mich an die eigene Nase!! :-(
Der Alltag muß weitergehen, wir können uns ja nicht panisch verkriechen, liebe Frau Silbia. Der erzählte Schrecken ließ mich schon oft selbst sommerzeitens frieren, mein Freund Sahed erzählte manchmal vom Leben im Krieg.
Frieden macht zu-frieden, was ja im Grunde genau richtig ist, aber andererseits dieses kleine Quentchen zu-viel enthält, denn wir wurden träge dadurch.
Friedlich werkelnde Grüße Ihnen in den Abend und Danke für Ihre Worte, Ihre Frau Knobloch, zugeneigt.
Danke. Mir fehlen gerade Worte für fast alles.
Verregnete Grüße
Christiane
Sie werden wiederkommen, die Worte. Und mit ihnen neuer Mut, Vertrauen und Hoffnung. Was denn auch sonst!? Manchmal glaube ich, dieses neue, dichte Mediennetz ist klebriger als ein Spinnennetz es je sein könnte und fängt uns ein, um uns gänzlichst zu umhüllen. Ich weiche bewußt vielen Informationsfäden aus, sie sind zu hastig gewirkt und nur zum Anlocken gemacht…
Ganz herzliche Grüße und einen erholsamen Abend wünsche ich Ihnen, Ihre Käthe, derzeit besonders behutsam.
Da stimme ich Ihnen zu.
Einen sanften Abend Ihnen, vielleicht weniger verregnet als meiner zu werden scheint …
Christiane
Es hat wohl eher etwas damit zu tun, weil wir uns nicht darum kümmern, was die Politik in unserem Namen anrichtet. Ergo ein schlechtes Gewissen, das uns dann, wenn es denn wirklich mal in unserer Nähe kracht, vor Augen geführt wird. Was dann beweint wird, ist doch höchstens die Erkenntnis um die eigene Heuchelei. Schließlich sind diese Opfer letztendlich unsere Opfer, und daß ist es wohl, was grundlegende Fragen und Gefühle hervorzurufen in der Lage ist …
In Gedanken bei Ihnen, werte Frau Knobloch und trotz aller Beunruhigungen auch Ihnen eine wunderbare und gesegnete Woche.
Es grüßt Sie herzlich
Der Salva
Ich glaube leider nicht, daß die meisten Menschen dieses so reflektieren und sich eigene Schuld eingestehen. Der Konsumterror war der Wegbereiter, wir alle, ja, leider auch ich, gingen ihn bereitwillig. Erst als ich bemerkte, daß ich diesen Weg niemals barfüßig gehen konnte, fing ich an nachzudenken. Auch über die Wegbereiter. Und versuchte neue Pfade…
Das von Ihnen beschriebene schlechte Gewissen wünschte ich mir in vielen Augen zu erkennen, es deuchte mich einen Anfang für neues, endlich eigenes Denken. Aber ich sehe nur Angst und Mißtrauen bei vielen. Nicht bei allen, aber bei der großen Mittelschicht. Und höre Phrasen, nachgelabert, unbedacht weitergetragen und ach…
Ich wünsche Ihnen einen unphrasig gediegenen Abend und danke für Ihre Worte und die guten Wünsche, sie erwärmen mein Stolperherz, herzlichst, die Ihre.
Gerne, wie immer, der Ihrige. :)
yep….. fein formuliert
Danke und herzliche Grüße! :)
Ich mag diesen Ramsi. Er hat sogar schon Antworten auf die richtigen Fragen. Vielleicht ist er deshalb aus der Gesellschaft herausgerutscht.
Hass ist nur da, wo wir ihn sehen wollen. Sonst ist da nur die immer gleiche Frage, in unterschiedlichen Gewändern, eines haben wir jetzt bitter erleben müssen.
Wer bin ich, wozu bin ich hier und ist es möglich, dass ich aus dem Leben und der Liebe herausfallen kann?
Das fragen sich alle Angehörigen jetzt für die Ihren, aber auch die Mütter der Täter für ihre Söhne, die genau diese Frage mit einem Wahn beantwortet haben.
Es ist unsere große gemeinsame Frage. die niemals durch das Schuldverteilungsspiel mit abschließender Opferung des bösen Mannes beantwortet werden wird. Wir können so weitermachen oder endlich heraustreten aus diesem wahnsinnigen Schwarzer-Peterspiel der Selbstgerechtigkeit, das im Grunde nur Angst vor Ramsis Antwort ist: Du entscheidest, ob du Hass im anderen oder deine eigene Frage siehst.
Auf der praktischen Ebene ist jetzt unser Mitgefühl erst mal in Paris, und hier müssen andere richtige Fragen gestellt werden, z.B. die nach Mitverantwortung des Westens und den Interessenlagen, da bin ich vollkommen Ihrer Meinung.
Ich meine nur auch, wir entscheiden zu jeder Zeit, in welchem Geist wir mit anderen Menschen sind und in welchem Geist wir unsere Fragen stellen.
Ihr Text hat mich sehr berührt, Sie sind eine große Empathin, wie schön, dass es Sie gibt!
Ihr Michael
Ich habe Ihren Kommentar jetzt ichweißnichtwieoft gelesen, jedesmal formten sich Antwortansätze und dann haut mich dieser letzte Satz einfach so um und ich weiß gar nicht mehr, was ich antworten will und dann weiß ich es jetzt auf einmal doch und kann nicht so schnell tippen, wie es aus mir herauswill…
Berühren. Einander berühren. Anrühren. Ich darf Ihre so ganz wichtige Eigenfrage im zwoten Absatz einfach beantworten und dadurch umformulieren:
„Wer bin ich, wozu bin ich hier und ist es möglich, dass ich aus dem Leben und der Liebe herausfallen kann?“
„Ich bin ein Menschenkind, ich bin hier um zu leben und zu lieben und deshalb ist es unmöglich für mich, aus dem Leben und der Liebe herauszufallen. Und Du nicht? Wie kann ich Dir helfen dabei?“
Ach, Michael, ich danke einmal mehr für Ihre gut gesetzten Worte und wünsche Ihnen einen wohlen Abend, immer Ihre Käthe.