Schweinhorn und Staungesichter

von Käthe Knobloch

Schlechte Nachrichten, zum Bersten angespannte Nervensträngelchen und Ärger mit allzu gierigen Kuchenabhabenwollern. Agressive Dummheit  auf den Straßen und Stammtischparolen, die ihre schmuddeligen Eckkneipen salbadernd verlassen. Eigene  Mahre, die sich plötzlich aus mariannengrabentiefen Abgründen erheben und ein Berg von Kleinstsörgelchen, die sich aufgebahren, als wären sie teutonischer Kammart. Dazu ständiger Fisselregen und tagwerkbedingte Pudelnassklammkälte, die in die wehen Fingergelenke kriecht und sie schmerzlich krümmt. Der Nacken krümmt sich solidarisch mit und senkt den Blick so automatisch etwas tiefer als gewohnt. Da findet er dann Staungesichter, die er bis dato hinterhöfisch nicht bemerkte. Ich mache die Staungesichter nach, ziehe Schnute und grimassiere vor mich hin, bis daraus ein Lächeln erwächst. Richte mich auf und sende ein schallendes Lachen gen hausbevierecktem Grauhimmel.

Nachmittags lasse ich die eine Praktikantin vor sich hinfriemeln, Stillbeschäftigung im Floratelier. Draußen werkele ich im Dauerregen lieber selbst weiter, da springt die Ladentür auf und die kwietschpubertierende Stimme überschlägt sich fast eingeschenkeingeschenkrufend. Stolz präsentiert sie ihre Basteley und erklärt auf meinen erheiterten, aber etwas verständnislosen Blick ihr Werk: „Das ist ein Schweinhorn! Sie mögen doch Einhörner nicht, lieben aber Schweine. Also habe ich Ihnen ein Schweinhorn als Glücksbringer gebastelt!“ Fassunglos blicke ich das Grandiosgör an, woraufhin nun ihr hellklingendes Lachen sich in den Grauhimmel spiralt. Und ich? Ich sah wohl aus, wie eines meiner hinterhöfigen Staungesichter.

Schweinhorn