Famoskulinarischfloralstadtlaufsurrogat
von Käthe Knobloch
Neunzehn-dreißig, so stand es geschrieben. Da sollte die besondere Stadtführung beginnen. Hexen, Baderinnen und Hausweiber, historisch besilbt zu Fuß erkunden, da wollte ich unbedingt dabei sein. Und mit mir cirka zwanzig andere Frauenzimmer und zwo tapfere Mannsbilder. Nur eine fehlte: die Stadtführerin. Nach der diplomatischen Viertelstunde gaben die ersten wartenden erbost auf. Andere rückten mir auf den mehrlagig rockumfluffigten Leib. Blumen im Haar und den Regenhut an die Kramtasche karabiniert; sie hielten mich für die zögerliche ungetreue Begleiterin der nächsten anderthalb Stunden.
Lachend wehrte ich die Führungsavancen ab, erbat Geduld für noch ein Weilchen, es kommt ja jedem mal so schnell ein Zeitchen in die Pläne dazwischen. Dann waren wir nur noch zu siebent. Alle sechse Kurgäste, bedauernd traurig für diesen Verlust der achso wenigen Zeit zwischen Therapie, Schmerzbehandlung und Neugier auf diese pittoreske Stadt. Und ich hörte mich zu meinem eigenen Staunen einen floralkulinarischen Ersatzspaziergang anbieten. Die Begeisterung wuppte mir die aufkommenden Vollmeisengedanken schleunigst wieder weg.
Einfachdraufloslaufend erplauderte ich den sechs Gefolginnen meine ganz eigenen Lieblingswege, wies auf versteckte Biergärten hin und wo man tatsächlich frischen Fisch serviert bekommt. Kramte mein bißchen Wissen über alte Villen und deren Geschichte hervor und mußte bedauernd Schultern bei Nachfragen heben. Erklärte den Zauber der Nebelkammer in der Saline bei gleichzeitigem Hinweis auf die Gefahr, die dunkle Stille so in sich birgt oder offenbarte meine liebste Beenebaumelbachstelle. Floraldiente mein Wissen ob der bonfortionösen Stadtbepflanzungen an und verriet das unterirdische Geheimniss des eingesperrten Flusses.
Schlußendlich öffnete ich sogar noch das Tor zum bonfortionösen Hinterhofe, beseelt von dieser immer noch unglaublichen Freude, dieses einfach so zu können. Mein Gang hat zwo Anfänge und ich kann sie vorwärts und rückwärts gehen. In der nebendrannigen Kneipe orderte ich flugs ein paar Getränke, bestuhlte den abendverträumten Hinterhof und die nächste halbe Stunde ließ sieben Fremde dann kichernd und querredend für einen irrlangen Moment beste Freundinnen werden. Es sei die beste Nichtstadtführung gewesen, an der sie je teilnahm, erklärte eine und mich bestolzbolleriente ein ganz neues Glück.
Wirklich großartig und ein klarer Beweis dafür, wie sehr wir unser eigenes Glück beeinflussen können. Jeder von euch hätte verärgert, ob des Wartens, nach Hause gehen können. Aber nein, stattdessen hast du mit den Leuten die Stadt erkundet und euch allen einen zauberhaften Abend gegönnt. Somit war es auch eine Lehrstunde des Lebens, die du da gegeben hast.
Es war mehr das Leben, was mir eine Lehrstunde gab, mein lieber Ben. Noch vor Jahresfrist hätte ich mir dies so nicht zugetraut. Nun bin ich wohl so sicher und glücklich, das ich diese Gefühle zu teilen vermag. Und das ist so bonfortionös, dass selbst mein Lieblingswort schier nicht mehr ausreicht, es zu beschreiben…
Die Beeinflussung des eigenen kleinen Glückes, das ist das was bleibt. Die eigentliche Führung sollte letzten Dienstag stattfinden und wurde nun gestern nachgeholt, als ich keine Zeit hatte um teilzunehmen. Statt mich zu ärgern, freue mich über das, was mir bleibt.
Ganz liebe Grüße an Dich und tausend kleine Glücke auf Deinen Wegen, Deine Käthe.
Liebste Frau Knobloch!
Einmal mehr stellen Sie Ihr vielseitiges Talent unter Beweis. Sollte es jemals auf meiner Bloghüttenalm einen Engpass an Almführern geben, werde ich Sie umgehend in Ihrem wurstfarbenen Telefonhäuschen anklingeln und um Ihre wertgeschätzte Aushilfe bitten!
Die allerherzlichsten Grüße, heute aus dem All kommend… :)
Mallybeau M.
Ach, Sie wundervolle Kuhkapitänine,
von der Alm habe ich doch nun echt gar keine Ahnung, aber ich würde wohl von Spätzleswiesen schwärmen und Saitewürschtlehainen. Leberkäswecklehänge und Rieslingschorleseen anpreisen und dabei selbst soviel naschen, daß… rülps, oh, Pardöngsche, Sie ahnen das Dilemma…
Allerherzlichste Grüße in die unendlichen Weiten, stets die Ihre Frau Knobloch.
Liebste Frau Knobloch!
Ihre fantastischen Schwärmereien würden mit Sicherheit das Publikum aufs Höchste faszinieren. Improvisation ist stets willkommen, die Ihrige in jedem Falle!
Herzlich gerülpste Grüße (Verzeihung) :)
Mallybeau M.
Mit blinzelnden Augen lese ich.
Das stelle ich mir superfein vor, wäre bestimmt auch mitgezuckelt. Schon die ursprüngliche Führung wäre sicher spannend. So, mit Konoblochschem Einfluss eine Stadt begehen, finde ich fast noch spannender, weil ja das Herzpochen (nicht nur für das zu Sehende) mit dabei war. :-)
Beste Grüße aus der sommerlich behimmelten Kemenate,
Ihre Silbia
Danke für Ihr virtuelles Mitzuckeln, liebe Silbia. Wer weiß, vielleicht werden daraus wirkliche Kurstadtpflasterküsse. Diese Leben ist einfach so überraschend, mir ist bald nichts mehr undenkbar fremd…
Sommerhimmelgrüße zurück mit Vogelgezwitscher und Insektengebrumm, Ihre Käthe.
Großartig! Nichts Besseres lässt sich wünschen als die Welt mit ihrem zauberischen Blick sehen zu dürfen, was für ein unerwartetes Glück aus einem Moment des Unwillens enhtstehen kann – das ist so schön…Allerliebste Grüße vom arbeitsamen Fabelwesen aus der weißen Stadt an der Weser
„Glück aus einem Moment des Unwillens“
Liebe Fabelwesende, würde ich je ein Buch schreiben, das meine Suche nach dem Glück beschreiben täte, dieses wäre genau der passende Titel. Ungewolltes Glück verbirgt sich doch in jedem Moment unseres Lebens. Mal trauen wir ihm nicht, mal sind wir selbst zu schwach.
Ich danke für diesen Herzpurzelbaum und verbleibe natürlich abersowasvon zugetan als die Ihre.
Und die Erbosten haben nicht gleich geschossen? Ach, was die verpasst haben – können einem leid tun. Aus ernstem Belehrungszeug ist eine reine Lebensfreudveranstaltung geworden, unvergesslich für die wenigen Provinznestbestauner – blinzel – ach, wäre ich dabeigewesen…
Gruß von der burgundischen Schwülwettereinflugschneise
Ach, die Erbosten waren einfach nur sauer, es steht mir nicht zu, sie zu beurteilen. Wäre die ganze Meute geblieben, nie und nimmer hätte ich den Mut aufgebracht…
Die Stadtführung wurde inzwischen nachgeholt, ich hatte leider keine Zeit dafür, eine der erboste traf ich jedoch zufällig, es wäre sehr gut gewesen. Also alles gut zum Ende hin.
Apropos gut: Ich mache natürlich auch Einzelsurrogate, die sind dann personenbezogen abgestimmt. Mit Ihnen würde ich beispielsweise zu meiner Lieblingsfußbeschmeichlerin gehen und dann zur Lieblingsbeenebaumelbachstelle…
Herzliche Grüße aus dem fabulöstropfenden Lipperlandien, stets die Ihre.
Ei, Sie famose Alleskönnerin, nichts weniger hätte ich Ihnen zugetraut, als aus dem Spitzenärmel ein solches spontan grandioses Unternehmen in Gang zu setzen. Meine Gratulation zum guten Gelingen und herzlichste Grüsse aus dem (na, Sie wissen es), Ihr Herr Ärmel (stadtplanstudierend zugeneigt)
Hui, was Sie mir alles so zutrauen, wovor ich selbst lämmerschwänzig bin und manches nur spontan entscheide, weil mein Hirn ja bekanntlich mechanisch funktioniert und gerne mal ein Scheißherzchenstäubchen das Denkwerk kurz blockiert, mein lieber Herr Ärmel…
Ich grüße dankend herzlich zurück (auch Sie wissen ja wohin) und verbleibe im sommergewittrigen Lipperland. Die Nacht war sensationell, es gibt immer etwas neues zu bestaunen. Diesmal warf mich der Sturmwind aus der Hängematte, ich lache immernoch.
Ihre Frau Knobloch, zerzaust und pudelnass genauso zugeneigt wie sonst auch.
Eine „… nebendrannige Kneipe …“ – was Ihnen wieder für Wörter einfallen! Ich fass es nicht. :-D
Eine schöne Geschichte haben Sie uns da erzählt, auf dieser Stadtführung wäre ich auch gern dabei gewesen. Ob mit oder ohne Kur. ;-)
Oh, ich wüßte wo ich mit Ihnen und Ihrem Liebsten hingehen würde, meine liebe Anhora: In eine alte aus England importierte Apotheke, die nun als urigste aller Gastlichkeiten im Kurstädtchen dient. Obgleich mir die Entscheidung der Briten bezüglich solcher Geschäftsideen mit Import in Eigeninitiative ein wenig Sorgen macht…
Ganz liebe Grüße, Ihre Käthe, wortbedankend zugetan.
Das war doch klar, liebe Frau Käthe, Sie sind ein Multitalent!
herzlichst Ulli
Oh, welch hohes Lob, liebe Ulli! Für sowas muß ich mich jedoch kwasi eigenübertölpeln, sonst kwiekt die innere Traumichnichttrine ganz erbärmlich los…
Schönstabendgrüße aus dem gewittrigen Lipperlandien, Ihre Käthe.
Sie sind zu gut für diese Welt. ;)
Ist bekannt, was aus der verschollenen HistorischbewandertenRundführPersonalie wurde?
Zu gut? Gibt es das denn, Wertester? Ich mache soviel Fehler, aber gut bin ich dann tatsächlich, wenn Herzbauchkopfeinigkeit herrscht.
Die eigentliche Stadtführerin hat es schlicht vergessen und war laut Aussage einer der erbosten Weggeher so ehrlich, dieses einzugestehen beim nachgeholten Rundgang dieswöchentlich. Was die Sympathie wohl ausbalancierte. Fetzt!
Herzliche Gewittergrüße, Ihre Frau Knobloch.
Eine ausgemachte Stadtführung schlicht und einfach vergessen, hat auch was :-)
kicher….. eine typische käthchenfamosheldentat zur allgemeinen grünfloral- und herzensbeglückung. ich seh sie schier vor mir…. glucksend…..
eine schönere führung kann man nicht bekommen. und wenn es dann noch eine nichstadtdtführung war, ist die welt eigentlich schon gerettet :-)
Kleinweltchenrettung kann so einfach sein, meine chilischöne Freundin. Sie machten ja mit mir die oberbonfortionösesten Inselführungen, bis mein meerisch wieder akzentfrei rollte… Kleinweltchenrettung eben…
Apropos Famosheldentat: Heute warf ich einem geparkten Mini mit offenen Dach einfach mein Werbebanner über, als das Heftigwasser von oben kam. Die Dame hat sich fast nicht eingekriegt vor Freude… fetzt!
Glücksglucksende Grüße mit Tuppischleifezwinkern, stets die Ihre.
Denn wo Käthopatha, ist kein Platz für Schatten.
Ich sage es Ihnen gerne wieder und wieder – bis Sie beginnen, es zu glauben: Sie sind großartig! Gepriesen Ihre Spontanität, Ihr Mut, der Willen, das Beste aus einer Situation zu machen, Verantwortung zu übernehmen.
Möchten Sie nicht eventuell nach Brandenburg umsiedeln? Mir wäre das recht genehm, denn Sie sind ein derartiger Sonnenschein, dass Sie sicherlich Herbst und Winter in Ihren ruhmreichen Schatten stellen.
Herzlichst:
Ihre Nana
Wenn Sie weiter so übertreiben, Höchstgeschätzteste, kann ich vor Freude und Verlegenheit gar nichts mehr schreiben, schnäuze nur gerührt in meine Blümchenkittelschürze und male lauter pinkbleubeige Scheißherzchen in meinen Blog. So!
WollenSe das etwa?
Immens verblitzdingste Seufzgrüße gen Brandenburg. Wäre denn Fürstenwalde so die ungefähre Richtung?
Herzlichst, Ihre Käthe, eigentliches Winterliebchen und nix Sonnenscheinchen, dennoch strahlend zugeneigt.
Ach, schön, einfach schön. … dass einem ein „Zeitchen“ dazwischen kommen kann, das ist etwas, das viele Menschen einfach nicht wahrhaben wollen. Sie haben da sehr beherzt einen dicken Packen Freude für die Herrschaften geschnürt, mit Schleifchen und Augenzwinkern. Was Feineres kann es doch unmöglich geben. Und wenn Sie`s selbst auch genossen – umso besser! :)
Sie fassen dieses Frohgefühl bonfortionös zusammen, liebe Wilhelmine.
Dafür danke ich Ihnen herzlichst und natürlich erfreut, Ihre Käthe.
Och liebe Käthe, da wäre ich schon eines der beiden Mannsbilder gewesen und da geblieben zur besten Nicht-Stadt-Führung aller Zeiten…
*lächel* herzliche Sommer-Hitze-Grüße von mir zu dir, Lu
Leider gehörten die Mannsbilder zu den erbosten Damen in Überzahl. Tja.
Und es konnte ja keiner wissen, daß mich solch ein Ideechen noch ansprang…
Liebe Abendregengrüße, Deine Käthe.
Betreff: Platzreservierung
Liebe Stadtvermittlerin,
bevor Sie das nächste Mal ganz spontan loslaufen, lassen Sie´s mich bitte wissen…
Herzliche Grüße, eine Leserin
PS: Übrigens finde ich, Sie sollten Ihr Revier erweitern: Sie wären eine wunderbare Europaführerin!
Ach, Sie liebe Leserin, ich danke Ihnen für diese besonderen Wohlworte.
Herzlichst, Ihre Immergernloslauferin und Inneneuropäerin.
Liebe Käthe,
Bei dieser Führung hätte ich gern Mäuschen gespielt. Denn besonders besonders an dieser Führung warst Du selbst und Du hast den Kurschatten die Stadt und Deine Orte und Wege darin auf sehr persönliche Weise nahe gebracht. Dein Text erzählt so lebendig, als sei ich mitgegangen.
Einen lieben Gruß von Deiner Karfunkeligen
Meine Liebe, Dich werde ich noch an ganz andere Orte führen, wir haben dafür alle Zeit der Welt in unserem Zuneigungsrahmen. Denn genau darin schüren wir die wärmende Kraft gegen die kaltmachenden Themen, eben um sie auch zu betrachten. Nur erstarren lassen dürfen wir uns nicht…
Ich lege Dir ein Schimmersilbenlichttuch um die bebenden Schultern und verbleibe als die Deine, rückenstärkend.