Ohsanftschönsostarkhort
von Käthe Knobloch
„Ohh…“ hauchte die schöne Frau neben mir auf dem Beifahrersitz in das einige Schweigen, nachdem wir uns die ganze bisherige Fahrt unsere Lebensverläufe gegenseitig umrissen hatten. Wir kannten uns nur wenige Tage, doch unsere Seelen müssen altbekannt sich sein. Es war nur eine herzlogische Entscheidung mit applaudierendem Bauchgefühl, sie auf diese spontane Landpartie zu der Heimlichen Königin der Weißen Stadt mitzunehmen. Ich wußte, sie würden sich mögen.
„Ohh…“ Dieses Ohh schwebte ein Zeitchen durch die Fahrerkabine wie ein sich selbst umarmendes Fragezeichen und setzte sich an der Windschutzscheibe fest. Gleich einem Sonnenkringel, der durch die tanzenden Blätter der Straßenrandbäume flirrt und die Sinne foppt. Ich nahm den Fuß vom Gaspedal und warf einen vorsichtigen Blick nach rechts. „Oh, mich hat gerade eine Biene gestochen.“ Ihre timbrierende Stimme war voller Schmerz. Ich ließ den Wagen auf der Standspur warnblinkend ausrollen.
„Ohh, das arme Tier.“ seufzte sie und hielt mir eine schmalgliedrige Hand entgegen, die von den Verdichtungen der malträtierten Gelenke geadelt wurde und durch diese deutliche Zeichen den Grad ihrer Schmerzerträglichkeit skalierten. Zusätzlich zu dem auf einer Fingerkuppe hockendem Fleißinsekt, das einfach zur falschen Zeit am falschen Orte weilte. Vielleicht waren auch wir mit unserem Automobil diejenigen, die in den Lebensweg des Tierchens eingedrungen waren, so wie nun der Stachel durch die Haut dieser Schönen.
„Ohh, das tut mir so leid.“ lauteten die nächsten Hauchworte, als die Biene sich von ihr losriß und dabei in ihr eigenes Schicksal durch die nun offene Fensterscheibe davontaumelte. „Kannst du vielleicht den Stachel rausziehen? Meine rheumatischen Finger sind zu steif…“ Mit dieser Frage hielt sie mir ihre fragilstarke Hand hin. Ich zog flugs die Giftkanüle raus, ein sämiger Faden quoll weiter, gut sichtbar auf meinem schwarzen Rock. „Alles gut? Bist du allergisch?“ fragte ich. „Alles gut, aber die arme Biene…“
Oh, wenn alle mit viel kleineren zu schleppenden Päckchen nur ein minimales Quentchen Empathie von dieser starksanften Frau aufzuweisen hätten, die Welt wäre ein wahrlich liebevollerer Ort.
Für G.
Liebste Frau Knobloch!
Summ summ summ, Bienchen summ herum…. Wundervoll summt sich das kleine Tierchen durch Ihre Zeilen und landet in meinem Gehörgang…pieks…nix passiert…Ausgang gefunden…nun summt sie vergnügt über die Alm hinweg… :)
Herzlichste Sommergrüße…. ich glaub, ich hab nen Stich … :)
Mallybeau M.
Meine liebe Frau Mauswohn,
hoffentlich ist Ihr Stich lediglich sommerlastichlustich, denn sonst gab sich ein Bienchen endgültig hin, das arme Ding.
Auf der Alm kann sie viele Blümchen beglücken und sich selbst satt und glücklich trinken, kein Wunder, daß sie vergnügt ist.
Ebenso vergnügte Grüße Ihnen, herzlichst, Ihre Frau Knobloch, leise summend zugetan.
..und auch ich murmele: „ohh…“ ob der Geste und noch mehr…
Wie Sie es aber auch stets schaffen, herzologisch und so, das tönt allerfeinst. Möge es schön gewesen sein, anschließend in der weißen Stadt am Fluss (mit hoffentlich genug Wasser im Hafenbecken) und andernorts!
Beste Grüße,
Ihre Silbia
Liebe Silbia, im Hafenbecken steht tüchtig Schilf, doch der morbide Zauber dieser Stadt ist ganz besonders. Und die Heimliche Königin legt ihren ganz eigenen Zauber darüber…
Liebste Grüße zurück, stets die Ihre.
Liebe Käthe,
Eine Frau muss keine Bienen lutschen, wenn zeigen will, dass sie Honig liebt. Doch wer den Schmerz sowieso als Begleiter spürt, ist es gewohnt, ihm Räume zuzuweisen und nur auf diese Weise sein Ausmaß begrenzen zu können. Eine Klassenkameradin von mir litt schon als Zwanzigjährige unter Rheumatismus und den Schmerzschüben. Sie war auch so eine Zarte. Sie kam aus wohlhabenden Hause und materiell mangelte es nach außen hin an nichts. Sie war sehr hübsch, mit einem liebenswerten Wesen ausgestattet – ein weiterer Ausgleich zu ihrer fiesen Krankheit. Ich habe sie dennoch nie beneidet um das was sie hatte, sondern immer nur gedacht, dass all die positiven Dinge nicht verhindern konnten, dass sie ein Leben lang Schmerzen haben würde. Sie hatte den gleichen Vornamen wie ich und ich denke oft an sie. Wenn sie mal wieder im schicken Cabrio vorgefahren werden musste, weil sie selbst nicht fahren konnte und auf Krücken ging, wenn es ganz schlimm war, im Rollstuhl gebracht wurde.
Wenn ich mit ihr über ihre Krankheih sprach, redete sie darüber als sei das nichts oder aber etwas, das zwar lästig, doch eben da war und ich sagte mir, dass es die langen Schmerzjahre in der Kindheit gewesen sein mussten, die ihr diese im Angesicht ihrer Jugend seltsam erscheinende Gelassenheit hervorriefen. Sie lehnte Gewalt ab. Sagte: Mein Schmerz ist Gewalt genug. Es reicht schon, ihn ertragen zu müssen, mich aushalten zu müssen. Ich brauch keine zusätzliche Gewalt. Manche brauchen lange Jahre voller Kämpfe um zu so einer Erkenntnis hinzureifen, andere lernen es sogar nie. Denen geht es einfach zu gut, sie haben Glück oder aber Pech, aus meiner Sicht, weil ihnen die Heilsamkeit des Sanften verwehrt bleiben muss.
Du hast Deine Kur-Lady zauberhaft beschrieben. Ich wünsche ihr von ganzem Herzen schmerzfreie Zeiten, selbst wenn dies ein frommer Wunsch bleiben muss…
Sie klingt, ähnlich wie meine Klassenkameradin nach einem Menschen, der zwar gebeutelt wird von seinem Rückenpack, doch auch viele schöne Gaben in Wesen und Geist mitbekommen hat.
Zugeneigte Grüße, auch an die fleißige Schmuckkünstlerin, die Ihr besucht habt,
zugeneigt as ever,
Deine Karfunkelige✨
Deine Grüße werden flugs weitergegeben, liebste Karfunkelige. Und Dir wünsche ich ein entspannendes Wochenende, meine liebe Vielbepackte. Mögen Deine Päckchen leicht Dir werden, wenigstens für ein Weilchen.
Herzsonnengrüße gen nun aufwölkenden Knapp, immer die Deine.
Oh ja, bittemehr menschen wie G.! Herzlichen Dank und einen freundlichen Abendgruss
Ulli
Spät erwidere ich Ihren lieben Gruß, dennoch von Herzen, liebe Ulli. Mehr Menschen wie G., ja, das ist ein guter Wunsch. Danke dafür und samstagsentspannte Grüße zurück, Ihre Frau Käthe.
So herum geht es auch..
An anderer Stelle habe ich schon einmal meine Gedanken ausgebreitet.
Leben ist Licht und so ein kleines Ding, wie eine Schnecke, ein Käfer, eine Biene ist eben ein kleines Licht und dennoch Teil dessen,was uns umgibt…
Die kleine Biene, lebend oder im Tot verdient ein Quentchen Aufmerksamkeit.
Morgens, wenn ich, noch langsam im Kopf, aus dem Haus gehe, vergesse ich gelegentlich, auf den Gartenweg zu achten, auf den Boden, auf dem die Schnecken mehr oder weniger hastig kreuzen.
Das Knacken, das Gefühl unter meinen Schuhsohlen, ermahnt mich und der Schmerz des Verlustes, die gemurmelte, dennoch aufrichtige Entschuldigung ist nur ein schwacher Trost für das kleine Ding, dass ich, tumb, wie ich bin, gerade zermahlen habe…
Achtlosigkeit ist ein dummer Makel.
Danke für Ihre Gedanken.
F.
Mein lieber Faktoid,
Achtlosigkeit ist uns Menschen in unserer schier größenwahnsinnigen Art wohl ureigen und umso wertvoller deucht es mich, Begebenheiten wie diese zu erzählen. Manchmal werde ich gefragt, warum ich beim Gehen auf den Boden schaue… Sie wissen, warum.
Ich danke Ihnen für Ihre Gedanken dazu und freue mich aufrichtig, sie hier zu lesen.
Liebe Grüße, Ihre Käthe.
Liebesbiehnenwerte Lebensempathie, wo wachsen kann, was andere längst ihr eigen nennen.
Nur gut, daß es nicht um Nachbars Lumpi ging … :)
Einen Gruß vom Rande des Bewußtseins schickt
Der Salva
Sie grüßen vom Rande des Bewußtseins, werter Salva?! Ich muß gleich mal nachlesen, was Sie dahin getrieben hat, falls es nachlesbar ist. Sie am Rande des Bewußtseins, das erschließt sich mir nicht, Sie bewegen sich doch immer mitten drin…
Erstmal herzliche Grüße, Ihre Frau Knobloch, bewußt zugeneigt.
Ach, manchmal muß es auch mal drumherum sein, anstatt mittendrin … :D
Detailreich ausgeschmückert….“ein sämiger Faden quoll weiter“ – wie geht das, ist das fachfräulich bienenstacheltechnisch?
Klasse Frauen, gar nicht taumelnd, unterwegs…
Gruß von der Hüpfoma
Liebe Hüpfwilde,
leider verliert die Biene nach dem Stich nicht nur den Stachel, sondern die ganze pöternde Giftapparatur. Die pumpt weiter Gift durch die Kanüle, während die zerrissene Biene ihrem Schicksal entgegentaumelt. Das ist ja das traurige, Wespen überleben ihren Verteidigungsmechanismus, Bienen nicht…
Danke für die nichttaumelnde Klassifizierung, ich gebe das gerne weiter. Den Link zur Heimlichen Königin haben Sie probiert, die macht Schmuck, das haut einen schlichtweg unvergiftet um?!