In keinem Tod ist Schönheit mehr zu sehen
von Käthe Knobloch
Die Flucht aus den von Nachrichten verseuchten Zimmern ist eine allgegenwärtige. So viele Mahre schon hocken in den Ecken und warten geifernd auf ihre Chance, sich in die blutbesudelte Brust zu werfen und weiter gräßlich zu schrecken. Ans Licht, an die Luft, in die wildnatürliche Schönheit des friedlichen Gartens! Würziger Thymian, herber Hopfen, der zarte Duft der Rosen, üppige Wickensüße und Schwaden der anderen vielen Kräuter beruhigen als erstes die Nase.
Gegen die Sonne blinzelnd taumeln sich Schmetterlinge in den Blick, Hummeln bombardieren förmlich die üppige Blütenpracht und Bienen befleißigen sich. Langsam vertikalisiert sich der Athem und Frieden will sich subkutan einsäen lassen. Zwischen dem Zirpen der Grillen und einzelndem Vogeljuchzen fiept ein Ton sich ein wie ein Klagen. Ich weiß ihn der Amsel zuzuordnen, es ist der seltenste, den man zu hören kriegt. Ein Ton nur aus der ganzen oktavischen Bandbreite, dessen einzelne Bedeutung für uns Menschen wohl nicht wirklich greifbar ist.
Diesem Tone folgend schrecke ich an der Giebelseite eine Amsel, schimpfend fliegt sie auf und bleibt dann zaunwärts hocken. Still äugend nun. Auf dem Weg vor mir liegt ein Federbündel. Ich beuge die Knie und schaue genauer hin, während mein Herz schon zu klagen beginnt. Ein Jungvogel, die Schwingen und Schwanzfedern schon erwachsen, doch der Flaum wundersam getupft. Reglos, nur der Sommerwind spielt mit den zarten Federn. Die Augen gebrochen. Die Wärme des kleinen Körpers kriecht in meine immerkühlen Hände.
Ich schaue augenwassernd auf, die blanke Scheibe des Oberfensters hat einen blassen Fleck und zwei,drei Federchen kleben fest. Es ist nicht mein Fenster, doch das ist egal, es ist Menschenschuld, die hier ein Leben beendete. Also auch die meine. Ich bitte um Entschuldung, während ich das zarte Dingelchen streichele, sein Köpfchen halte und gegen mein Wissen Hoffnung hege. Bette es auf Grün und warte. Schaue und sehe erstmals bewußt die unglaubliche Schönheit des kleinen Wunders. Ich muß sie erfassen, halten und hole die Kamera, bevor ich es der Erde übergebe.
Wieviel Zeit verging, ich weiß es nicht, doch dieser kleine unnötige Tod senkte sich in mein Sein. Wer sieht das Auge anderer unnötiger Opfer brechen, wer wacht an den unheilvollen Orten, wo bloße Gewalt alle Regeln außer Kraft setzt und wer soll das je entschulden? Trauen wir uns darüber nachzudenken, statt Floskeln aufzunehmen und Schuld zuzuteilen, was uns gar nicht zusteht. Wie könnten wir urteilen, wenn einer selbst sich richtet? In keinem Tod ist Schönheit mehr zu sehen, wenn Gewalt ihre Schwingen bricht.
Liebste Frau Knobloch!
Wer könnte so etwas besser schreiben als Sie? Diesen Tod kann man schöner nicht lesen …
Die Kuh schweigt andächtig und sprachlos …
Herzliche Grüße ausm Ländle ins Lipperländle
Mallybeau M.
Liebe Frau Mauswohn, manchmal überschlagen sich die Ereignisse und man meint selbst sprachlos zu werden. Dabei hatte man die passenden Worte schon innendrinnig herzversilbt.
Danke für Ihr wundervolles Kompliment, es ist mir ein hohes Gut.
Liebe Grüße gen Alm, stets die Ihre.
Auch dies haben Sie erneut sehr treffend formuliert.
Herzlichste Grüße an die Blumenfee
Mallybeau M.
Wär ich ein Mann, ich würde niederknien und Sie inniglichst um Ihre Hand bitten !!!
(Soooo anrührend das Textelein….. Und psssst: gestern durfte ich eine fruchtfliege aus meinem rotweinglas retten und war selig)
Liebste Chilischöne, Sie täte ich trotz Heiratsphobie ehelichen, aber nur wenn Sie die Famosfrau bleiben, die Sie nunmal sind!
Dankesgrüße gen Insulanien, ich sende Holunderschutzgrüße mit (Einen päppele ich gerade auf, der ist für Ihr Sehnsuchtsgärtlein.)
Immer die Ihre.
So geht es auch mir … erstarrt von den sogenannten News, betrauere ich die „kleinen unnötigen Tode“, hebe die Füße auf, fange noch mehr Fliegen, und zürne fast dem geliebten Fellträger, wenn er miauend stolz die nächtliche Mäusestrecke präsentiert.
Ach. Mein Herz ist schwer.
Trotz der Schwere müssen wir den Wimpernvorhang heben, liebe Christiane. Aus dem traurigen Grunde, weswegen ich den Text erstmal offline setzte, ist nun ein neues Band geflochten, welches lebendiger sich nicht zeigen könnte…
Ich grüße Sie aus den wichtigen kleinen Kreisen und sende Ihnen Hoffnungslächelblicke, zugetan, Ihre Käthe.
Liebe Käthe,
Es scheint mir so, auch Dir ist das Gefühl einer Ohnmacht nicht fremd und bleibt oft nur noch die Entschuldigung post mortem und sie kommt dennoch von Herzen und das ist wichtig und gut so, dann heilt die Traurigkeit besser. Sieht beinah aus wie eine kleine Singdrossel. Herzgrüße von Deiner Karfunkeligen✨
P.S. Hier fehlt noch etwas: wenn ich mir in den vergangenen Wochen vor Augen führe, wie viele kleine, noch ungeübte Amselkinder, ich schrägtief und aber so gerade noch vorm herannahenden Auto die Kurve kriegen sah…wie oft phantomisiert und schreckstarr mit gehaltenen Daumen: los, das schaffste noch, Lüttjes, dachte…und wie viele tote Viecher zermatscht auf Straßen lagen, zu wenig, zu platt zum Begraben…
…staune ich manchmal wie viele es dennoch hinbekommen, unsere Tier- und kinderfeindliche Welt zu überleben. Du hast Recht…diese kleinen Federdinger sind unbeschreiblich, vor allem in ihrer Zartheit und ich hatte das große Glück einige Quax Bruchpiloten und Kamikaze auch wiederbeleben zu können. Vielleicht erschraken sie auch so sehr bei meinem Anblick, dass sie möglichst schnell wieder wegwollten, das weiß ich nicht so genau. Du hast Deine Gefühle alle in die Worte gelegt, den ganzen morbiden Schauer der Vergänglichkeit in Deine Sommerblumen gebettet. Du weißt ja- wenn mich was Trauriges anficht, umkränze ich das auch gern mit Poesie, damit es gelindert wird. Ist Dir sehr schön gelungen.
Ein Requiem für einen kleinen Tod.
Auch Postscriptum zugeneigt,
Deine Karfunkelige✨
Ach meine Liebe, ich badete in den poetischen Füllhörnern Deiner Zugetanheit der letzten Tage und vor allem in den Spiegelblicken, in denen die nahe Zukunft frohgemuth sich zeigt. Ein Jahr voller gemeinsamer Erinnerungen, wir wollen es ausgiebig feiern. Leben eben…
Hüpfübende Grüße, Tanzwut haben auch die Freudeschönergötterfunkenhymmne verdudelsackt, so als Einstiegstip.
Ich freue mich röckeschwingwellend, Deine Käthe.
Liebe Käthe,
Ich hab die Booties schon geputzt, der schwingende Rock hängt am Schrank, die Hüften swingen und die Füße wippen, ich freu mich riesig auf Dich! Die Blondbezopfte hummelt schon, jetzt muss sie allerdings erst das Kindergeburtstagsschlachtfeld aufräumen…
Ja, ein wunderbares Jahresgedächtnis wird das. Die schöne Blume wird gelobt und gefeiert, weil sie ein prächtigstarkes Gewächs geworden ist und jeden Tag für uns blüht. Das haben wir gut gemacht! Das wird mit Tanzwut und Übermut besiegelt bis der Arzt kommt!
Hü…
Hüpp!
Deine Karfunkelige, sich sehr auf Dich freuend…✨
Der Tod so nah so schön. Wieder nur ein Zufall, dass ich heute morgen von einer Impression aus Schönheit und Tod schrieb, oder hat mir Ihre Amsel das heute Nacht in mein schlafendes Ohr geflüstert? Das Gefühl von Morbidität und Schönheit und innerer Ruhe, das ich dort fand, an meinem Strand… Ich umarme Sie, mit einem Lächeln.
Korrigiere: Schönheit und Vergänglichkeit.
Meine herzliebe MmeMme,
ich fand Ihren Text sehr tröstlich, als ich ihn kurz überflog. Doch bis man im Tod Schönheit wiederfindet, braucht es die anderen Zeitensilben. Und die Stille dazwischen…
Schönheit ist irgendwie immer vergänglich, doch ebenso entsteht sie neu aus sich heraus, es kommt auf die Perspektive an. Die Ihre beschriebene ist eine weltenweise. Doch das kommentiere ich demnächst bei Ihnen.
Ihre Umarmung ist brustraumfüllend lieb erwidert und mit wissendem Lächeln umrahmt,
Ihre Käthe, strandbegleitend nah.
Hm, da flüchtet man vor den Schreckensmeldungen und gerät doch wieder an so etwas, das man unsinnig nennen möchte. Diese Jungvögel kennen so viel noch nicht und nicht alle kommen durch. Das tut weh, wenn man es so direkt mitbekommt.
Die Schönheit dieser gefiederten Gesellen bewundere ich immer wieder. Sie haben sie fein bewahrt in den Bildern.
Mitgefühlte Grüße,
vom Hummel und Bienen besuchten Balkon der Kemenate,
Ihre Silbia
Es gibt wohl einen Unterschied zwischen Schrecken und Schrecken, deucht es mich, liebe Silbia. Im Grunde sinnlos, doch während der eine nur allzu natürlich erscheint beim begleitenden Abschiednehmen, bleibt der andere wortwörtlich erschreckend, weil er keine Ende nimmt.
Für Ihr Mitfühlen danke ich Ihnen und sende tausend Duftgrüße aus dem Hinterhofe, welcher ein Heilort einmal mehr ist.
Ihre Käthe, hummelbeküßt zugetan.