Graugangentlanggnadegedanken
von Käthe Knobloch
„Ich will dich hier nicht wiedersehen!“ Sein bröckelndes Lachen gilbte die ohnehin gräulichen Wände des langen Krankenhausflures. Gelbgrau war aber auch alles an ihm, selbst seine Kleidung in der er sich stets trotzigmüde auf sein Bett legte; mimikryrte regelrecht die Fehlfarbenheit seiner Haut. Das müde Lächeln zeigte ebensolches Zahnfleisch und die maroden Zahnreihen waren kaputte Belege für die Endgültigkeit des Urteils, welches die Krankheit über ihn in ihrer Grausamkeit und ohne Gnade verhängt hatte. Er war die entkörperte Aufgabe. Es kostete Überwindung sich ihm in Zuneigung zu nähern, er dünstete dieses Schicksal porig aus. Da war der ansonsten abstoßende Kaltrauchbrodem fast eine willkommene Übertünchung. Jeden Tag mehrmals quälte er sich mitsamt seinem Wägelchen voller medizinischem Gerät hinunter zum Rauchplatz. Wer wöllte ihm noch dieses letzte seiner Laster verbieten? Sein bröckelndes Lachen lawinierte jeden besserwissigen Einwand hinweg.
„Ich schulde dir aber noch einen Tanz!“ Meine ebenso patztrotzige Antwort hallte durch den Flur bis in sein Zimmer zurück, denn ich blieb nicht stehen, konnte nicht mal zurückblicken, zu wildweh der Wunsch, diesen Türen endgültig zu entkommen, die sich nur leise schabend aber unaufhaltbar automatisch hinter einem schließen. Lange Tage hatte sich unser Dasein zimmerig geschrägt und nun durfte ich gehen und er blieb. Ich hatte meine Hand zuvor auf seine in Geröchel bebende knochige Brust gelegt und sein Vergehen subkutan spüren können. Sein Blick schickte mich weg und mehr fühlte ich seine Worte, als daß ich sie vernahm. Meine Zeit sei noch nicht verstrichen, werde gesund und tanze andernorts wieder, so hallte es mir kratzstimmig nach. Und ich horchte, gehorchte gar. Fluchtend leicht und gelöst schwer erschien mir dieser Graugang mit einem Mal.
„Aber ich führe…“. Genau. Du hast mich geführt. Für eine kleine Augenblicklichkeit ganz konkret. Und innendrinnig hoffentlich dauerhaft. Dein Mut zum Sterben soll mir lichtend das letzte Grauen vertreiben. Doch bis dahin ist mein Gang hoffentlich noch lang. Und voller Gnade.
Wunderschön beschriebene traurige Realität. Es ist grauenvoll, wenn man das Ende sehen kann, aber die Endgültigkeit sich noch ziert.
Alles Liebe dich und vor allem Kraft für diese schwere Zeit.
Herzlichst Ulrike
Vielen Dank für die Wohlworte, die Kraftgedanken sende ich gerne an den Graurauchenden weiter, nicht ohne mir ein Knippsken abgeschöpft zu haben. Eigentlich weiß man ja nicht, was man wünschen soll: Gnadenvolles Schnellende oder sich zierende Endgültigkeit?
Herzliche Grüße zurück aus dem heute vorlenzigen hoffnungsschwangerem Lipperlandien, Ihre Käthe Knobloch.
Oh verdammt… Liebe Käthe, sei still und fest in den Arm genommen. Ich denke an dich.
Stillfesthaltereien sind famos, ich danke Dir sehr dafür. Dieses ist nur ein Gnadengedankengang von vielen, die mich durch die Krankenhauszeit beglitten. Demut ist das wichtigste Gefühl, welches zurückbleibt. Demut und Dankbarkeit. Und schwarzer Humor, aber das ist wirklich ein ganz andere Geschichte…
Liebe Grüße und alle guten Wünsche, Deine Käthe.
Meine höchstwertgeschätzte Frau Knobloch, Sie sehen mich verwirrt. Die Person auf Ihrer wohlgetroffenen Fotografie trägt weder schwingende Röcke, noch wird da ein gerätevolles Wägelchen geschoben.
Ihr Bericht erinnert mich an einen abklingenden Fiebertraum und die Person an einen übergewichtigen männlichen Menschen.
Das allerwichtigste hingegen scheint mir, dass keine der aus Ihrer Vergangenheit bekannten Mahre Sie nächtens Ihres wohlverdienten Schlafes beraubt hat.
Grauhimmlische Grüsse aus dem bleischweren Bembelland, Ihr Herr Ärmel (spitzwinlig zugeneigt dennoch und trotz allem sowieso)
Mein liebwerter Herr Ärmel, Ihre Verwirrung ist wohl Echo meiner eigenen, die aus cortisonigen Fieberträumen entsprang. Das Bild schoß ich mehr oder weniger blind und Sie wissen um meine Freude ob des Wiedererlangens zumindest teilweiser Sehfraufähigkeiten.
Mahrbetrefflich teile ich Ihr Wichtigkeitsempfinden und füge nun auch medikamentös befeuerte Träume auf die imaginäre Liste meiner Brauchstenichts hinzu.
Der heutige Tag war ein wohlfein sonnigmildgestimmter, würden Sie doch selbst ein Bild sich davon machen wollen! Ich könnte Ihnen da was zeigen…
Müdabendgrüße, stets die Ihre und natürlich auch OP-Hemdchen raffend zugeneigt.
Ach meine liebe Frau Knobloch, ich will mir gerne doch selbst ein Bild davon machen, von jenem sagenumwobenen Lipperland. Sechs Monde Dunkelheit und Regen, Menschen auf Ziegenfüssen (auch in Feinstlederstiefelchen?) – – – was wusste Tacitus darüberhinaus noch zu berichten ??? Ach & Hach ~~~~ Ihr Herr Ärmel (herznah auch im Bembelland)
Ach, ich könnte Ihnen da mal was zeigen, mein herznaher Herr Ärmel. Wenn Sie wüßten, wozu Ziegenfüßigkeit und Mondendunkelheit alles verführen können, Sie kämen aus Ihrer Grünaugenstaunigkeit nicht mehr heraus.
Sagenhaft entspannte Grüße aus dem lieblichen Lipperland, Ihre Frau Knobloch, sogar entenfüßig zugeneigt.
Na also… Meine höchstwertgschätzte Frau Knobloch, Sie können leichterdings locker entspannt sein. Ich hingegen fühle erhebliche Spannungstätigkeiten angesichts Ihrer Ankündigungen betrefflich ziegenfüsssiger Verführungen in Mondendunkelheit. Wenngleich leichte Schnappatmung nur mit Mühe zäumend, will ich vergessen mit allerherzlichsten Grüssen zu verbleiben, Ihr Herr Ärmel (herznah auch spannungsgeladen)
Da haben wir die Malaise…. ich will das Grüssen natürlich nicht vergessen.. (Herrjeh mit mineh)
Verehrteste, das geht ans Gemüt. Das Schöne und Schlimme zugleich an Sprache ist, dass sie das Leiden in prachtvolle Worte kleidet kann und dem Verlust eine würdige Plattform bietet.
Ihnen, wie stets, aufs heftigste zugeneigt.
Ihr A.S.
Im Schlimmen die darin versteckte Schönheit erkennen, es ist ein Worttanz auf schmalem Grate, aber es kann unseren Blick lichten, mein lieber Achim. Und Lichtblicke brauchen wir immer wieder, besonders wenn es so dunkel um uns ist.
Ich sende Ihnen hoffnungshelle Grüße und verbleibe zugetan als Ihre Käthe Knobloch, gemüthwortdankend.
Ihr Text wirft mich in meine eigenen Erinnerungen an vielfältige vielgraugängige Krankenhausbesuche und verwehrt mir das Liken aufs heftigste.
Ihnen nur Gutes, wie immer.
Christiane
Wo sich Fürsorge und Trostlosigkeit so umschlungen halten, gleichen sich wohl alle Flure, liebe Christiane.
Ich danke Ihnen für die Gutwünsche, die ich natürlich nur erwidere, getopt mit feinen Tulpenkwietschgrüßen, Ihre Käthe Knobloch.
Liebe Käthe, ich freue mich von Ihnen zu hören, auch wenn Ihre Zeilen ahnen lassen, dass sie in den letzten Wochen keine leichte Zeit hatten. Ich bin froh, dass sie wieder im Draußen sein können. Bestimmt mit einer Menge Erfahrungen im Lebensgepäck. Und mit Begegnungen, wie Ihr tiefer Text zeigt. Auch in diesen Fluren werden Sie Ihr offenes Auge und Herz den Menschen gegenüber gehabt haben (sofern der Text nicht fiktiv ist, was ich nicht annehme).
Menschen, die Mut zum Sterben haben, fühlen vielleicht, dass dies die nächste Etappe für sie ist.
Wir haben Sie vermisst hier, erst vor Kurzem schrieb es Michael in einem Kommentar.
Meine herzlichen Grüße zu Ihnen mit dem Wunsch, dass es Ihnen gut gehen möge!
Danke für Ihre warmlieben Worte, sie sind mir eine Buchstabenstola für die noch immer manchmal schlotternden Schultern, liebe Frau Maribey.
Ich habe das Lesen und Baden in allen den famosen Blogschaumaugenweiden ebenso vermisst und freue mich riesig auf herzvolles Nachlesen, wenn die Zeit dafür gekommen ist.
Ihren Satz zum Sterbensmut kann ich nur unterstreichen und Ihre Gutgehwünsche erwidere ich umgehend.
Alles Liebe, Ihre Käthe Knobloch.
Und wie ich Ihnen noch einen langen und gnadevollen wie glückreichen Gang wünsche! Seien Sie allerherzlichst gegrüßt. Ihr Zeilentiger
Danke dafür und ebensolche Glücksgnadenganggrüße Ihnen, liebwerter Zeilentiger. Und noch ’ne Schippe Leichtigkeit obendrauf…
Wie immer zugetan, die Ihre.
Die Schippe Leichtigkeit gebe ich Ihnen doppelt zurück, Verehrteste!
Werteste, ich reiche Zeilen weiter, die ich trostreich fand …
http://rainer-maria-rilke.de/070079requiem.html
Und verbleibe zugewandt,
der Graue vom See
Ich danke Ihnen reichlich spät, aber sehr herzlich für diese Trostzeilen, Wertester.
Inzwischen sind viele Wolken gezogen und allerorten regt sich neues Leben. Lassen wir es einfach passieren…
Ihnen ebenso zugewandte Grüße aus dem luftholenden Lipperlandien, immer die Ihre.
Sehr gerne Werteste! Und warten macht gar nix. Man braucht Zeit und Ruhe und Frühling, wenn man einen Schluck aus dem bitteren Kelch nehmen musste.
Ich wünsche Ihnen ganz viel Luft und Sonne und Licht und keimexplodierenden Frühjahrsreigen.
Der Ihre (zugegebenermaßen noch etwas ergrauter …)
Ächz….
Manchmal hilft Ächzen tatsächlich, werter Bludgeon. Und manchmal Juchzen noch viel mehr…
Herzlichst, Ihre Frau Knobloch.
ach mir wird ganz blümerant beim lesen…. und ich möchte ihnen margheriten und löwenmäuchen zuwerfen.
Ich werfe energisch Meeresschaumkrönchen und Feinstsandküßchen zurück, liebste aller Würziglichen.
Herzgrüße an die liebsten Insulaner, die Ihre.
Ein zweiter Versuch, denn mein Kommentar scheint verschwunden zu sein. Im Spamordner?
Längst befreit und dankend bedacht nach einer kleinen Maulfauligkeit meinerseits.
Liebgrüße unterm Blauhimmel hervor, Ihre Frau Knobloch.
Es ist wunderbar, Sie wieder hier zu wissen. Gut, dass der Himmel sich wieder blau zeigt.
Glück gehabt. Gut gegangen.
Das…
Herzlichst zugeneigt,
die Fee
Eine kleine Lektion in Sachen Demut. Und Liebe und Glaube. Manchmal braucht es erst den Schmerz davor.
Herzliche Grüße gen Teutanien, Deine Käthe.
Es geht Dir wieder gut. Du hast was um Dich gehabt, das Dich beschützte. Solche Riesenbegriffe wie Liebe und Glaube trau ich mich kaum noch in den Mund zu nehmen…
Dass Du es kannst, zeugt von viel Demut. D-Mut….Huiiii….:)
Sollte mir wohl was zeigen.
Herzliche Grüße zu Dir nach Lipperlandien von Deiner Karfunkeligen
Werte Frau K.! Nun ist es einmal an mir, Sie gaaaaaaaaaaaaaanz fest an MEINEN Busen zu drücken! Und ich gebe noch einen… nein, mindestens drei Schmatzer obendrauf!
Und eine Umarmung, falls es nicht ganz ausreicht :-)
Herzlichen Dank dafür, liebe Lila. Fernumarmungen fetzen!
Ich sende Krachknutscher zurück und bin schon wieder rockbar.
Moshende Grüße, die Ihre.
Liebe Käthe, Sie wissen es ja, spätestens wenn die Schwertlilien wieder blühen, haben sich die Kräfte erholt und neu geordnet ,der Blick ist wieder licht und klar und unverstellt , er sieht neuen Horizonten entgegen und alles, alles wird wieder gut!
Alles Liebe für Sie wünsche ich und sende geflügelte Grüße!
Ihre Graugans
Ich danke Ihnen, wenn auch verspätet sehr für Ihre Wünsche und Grüße, liebe Grauflügelige.
Alles Gute auch Ihnen, Ihre Käthe Knobloch.
Bist Du still geworden oder täuscht es mich nur? Ich hatte versucht, Dir zu mailen und zu mailen, aber es kam nix… also falls Du Dich mal melden magst… bis dahin liebe Grüße…
Ja, ich war sehr still. Erst erzwungenermaßen, dann noch ein Zeitchen freiwillig, lieber Tristan.
Herzliche Grüße auch Dir und alles Liebe, Deine Käthe.
Liebe Käthe, können wir uns mal wieder kurzschließen? Ich weiß leider nicht, ob Deine mir bisher bekannten Daten noch stimmen, eine Mail lief ins Leere…wir hatten da ja so einige Ansätze, Lesungen, auch viele gute Gespräche, die Magazine, die ich Dir einst auf Kommi schickte… ich würde mich freuen… viele liebe Grüße… Tristan
Wer führt im Tanz des Lebens? Gnade ist wirklich ein gutes Wort! Man weiß es, wenn man es erfahren hat: nicht Du, nicht ich. Sie.
Schön, von Ihnen zu hören, dem universellen Klang fehlen in Ihrer Abwesenheit ganz wichtige Töne! Darauf können wir auf Dauer nicht verzichten!
herzlichen Gruß von Michael
Mein lieber Michael, danke für diese Wohlworte. Zum Glück ist Dauer ein dehnbarer Begriff und an sich äüßerst strapazierfähig.
Ich sende Ihnen Märzensherzgrüße und verbleibe zugetan. Schön, Sie zu sehen und zu lesen, stets die Ihre.
Soeben staunend von Ihrer schönen Wiederkehr ins Leben im Draußen gelesen. Das gefällt mir!
Gruß von Sonja
Wiederkehr fetzt! Sogar urst!
Herzliche Grüße übern Schönstrom, Ihre Käthe Knobloch.
…es tut einfach gut, mal wieder etwas von dir zu hören, zu lesen…
alles Liebe, Lu
Und Deine Worte tun mir gut, danke dafür und ebenso alles Liebe,
Deine Käthe.
Ach du, wie schön wieder von dir zu lesen *freu sehr*
Herzlich, Lu
Boahh.
Ihr, Ihnen immer zugeneigter mick.
Auch Ihnen mein Lieblingsgedicht für alle Zeiten von Hilde Domin:
Nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise
wie einem Vogel
die Hand hinhalten
Alles erdenkbar Gute für Sie, liebe Frau Käthe, Karin