Manchmal werden unsere Erwartungen nicht erfüllt und manchmal bekommen wir Geschenke, die wir so nicht erhofft haben. Manchmal ersehnen wir uns eine Einzigartigkeit, die eben genau nur manchmal funktionieren könnte. Manchmal ist uns ein stilles Fallen genug und manchmal können wir nicht ausreichend wild in die Pedalen treten. Manchmal glauben wir, in einem falschen Filme zu sein und sind dann doch manchmal die Hauptdarsteller. Manchmal träumen wir uns weit weg und sind uns näher als es uns manchmal erscheint. Manchmal ist es kurz vor zwölf und dennoch bleibt genau dann manchmal die Zeit ein klein wenig für uns stehen.
Und manchmal unterschätzen wir die Kraft der Gedanken. Allen Lesenden wünsche ich ein besinnliches, leuchtendes, verzaubertes und gesundendes Weihnachtsfest und einen fröhlich entspannten Jahreswechsel. Machen wir, jeder auf seine Art und Weise, das neue Jahr zu einem guten. Von Anfang an. Wenn auch manchmal erst nur in Gedanken.
Dieses Haus athmet es aus. Alles, was ihm einst aufgebürdet wurde ist in seinem Verfall als Moder zu spüren. Es ward in Unrecht gebaut, das Haus und an unredlicher Stelle. Das teilt es wohl mit vielen anderen Häusern, aber dieses hier scheint Buße zu tun. Es stirbt einen langsamen Tod, begleitet von Geistern, die es stetig heimsuchen. Seine einstige Pracht war eine falsche, eine verlogene gar und nun ist seine Verderbtheit echt. Eigentlich erobern sich die Pflanzen zuerst ihren angestammten Platz zurück, doch hier ist nur Agonie empfindbar. Dieses Haus athmet aus.
Die Türe fiel sanftklingend zu, so wie sie es schon tausendtraute Male tat und doch besonders einzigartig timbriert. Ein Klang, wie wenn ein Berg ein Echo ersehnt. Einen Blick noch über den Hof und dann vereinsamten meine Augen sich. Der Ton klang nach, verlautete sich hallend zu einem schier unerträglichen Rauschen in meinem Kopf und schwoll dann kaskadend durch meine Sinne. Als die Augen würzig die plötzliche Fadheit der Einsamkeit benetzen wollten, fiel mir mein immeriges Versprechen ein: Drei Tropfen, nicht mehr müssen es sein. Drei Tropfen menschlicher Kostbarkeit, die ich unter dankbarem Lächeln verströme. Denn wie Wasser fließen wir durch uns, zueinander und schließlich ineinander hinein. Wollen uns unsere eigene Quelle sein, in der wir uns jungbrunnig aneinander erneuern. Ich gehe mit einer nassen Spur auf dem Rund der Wange zum Brunnen, den du erst gestern bereinigt hast und erkenne deine Wasser in den klaren Kreisen, die mein Spiegelbild befloren, es zitternd verschwommen machen. Des Bornes Flüstern echot deine lieben Worte. Und du bist bei mir, in jeder Träne, jedem Labsal und in jedem tropfendem Applaus. Es beginnt zu regnen.
Ich will innehalten, in Demut baden, Athem schöpfen und dann in meiner Vorfreude mich sprudelnd in mir geysiren. Um mir so eine Quelle meiner selbst zu sein. Will mich auf alle meine Fähigkeiten besinnen und jene, die sich wissend bekecken, schier berauschend wirken lassen. Auf mich und andere. Das ist mein Advent, wie er mir erscheint. Und wie ich ihn gerne teile. Kein Götzendienst und keine Anbetung ist darin zu finden, nur meine florale Art der Besinnlichkeit. Vier Kerzen, während ich sündige. Die erste brennt bereits.
Im letzten Jahr begann im Advent meine dunkelste Zeit, ich habe die Zeichen jedoch da noch nicht erkannt. Zum Fest des Lichtes wurde es dunkel und blieb es für eine kleine gefühlte Ewigkeit. Ich denke nicht, daß genügend Buße getan ist, doch viel stärker ruht in mir das Licht der Liebe Dankbarkeit. Zünde jede Kerze damit an und hoffe, nein, ich weiß; daß sie weiter scheint, als unsere Pupillen zu blicken vermögen.
Allen hier flanierenden Buchstabenbalancösen und Silbensilberschmieden wünsche ich eine besinnliche Adventszeit, mir hat heuteeiner von euch eine unverhoffte Freude gemacht. Danke dafür. Denn es sind die unerwartet offenen Türen, die uns herberglich erscheinen.
Der Rummel meiner Kindheit beschränkt sich auf wenige Tage im Jahr voller Kuriositäten auf dem Dorfplatz hinter der Kneipe. Sich im Kreise drehende Feuerwehren, Polizeiwagen, beschnallte Pferde und ja, auch rosa Schweinchen zum Besteigen. Lautstark heischten Losverkäufer um Aufmerksamkeit und das Anschlagen der Hauptgewinnsglocke zog kurzfristig alle Blicke dahin. Das war die beste Gelegenheit, um die gläsernen Bierhumpen zu stiebitzen, das Pfandgeld wandelte sich rasch in krachend süßsaure kandierte Äpfel oder klebrige Zuckerwatte, die es nur an diesen Tagen gab. Später dann das Glücksgefühl des im Kreise Fliegens mit dem Kettenkarussell. Ringe werfen nach goldenen Fischchen, ein Spiegelkabinett, dessen gläserne Zerrbilder bebten mit dem darin gefangenen Lachen. Einen weißen Elephanten sah ich nie.
Zeitchen später dann ein kurzes Schauen auf die großen Rummelplätze. Schwindelnd machende Riesenräder und magenumstülpende Sausereien, die ständig scheinbar ihren bannenden Schienen entkommen wollten. Gruselkabinette, deren Kunstgeschöpfe bald die Außenwelt nur zu parodieren brauchten. Die mit gediegener Gemütlichkeit getarnten Festzelte, in denen jedoch ein ganz einsamer Wahnsinn tobte. Konzentrierter Konsum, Überfluß und Völlerei, die in Exzessen sich ergossen und ein dumpfes Bassen verbannte die feinen Karussellmelodien. Zwar drehten sich noch immer bunte sagenhafte Tiere in ihrem Kreise, doch auch hier war kein weißer Elephant zu sehen.
Letzthin führten uns unsere Reisewege in eine große, alte Stadt. Strasbourg, allein der Name verströmt Geschichten. In mancher wollten wir uns wohl wiederfinden, doch die ganze Stadt war ein einziger Rummelplatz. Menschen gebaren sich als Marktschreier und priesen ihren Tand an. Elektronische Handfesseln ersetzten Spiegelkabinette und Geisterbahnen. Zuckerwerk und importierte Stehrümchen an jedweder Ecke und ein Gedränge wie auf dem Jahrmarkt. Jedes Los ein Hauptgewinn, jeder Handel nie wieder so billig abzuschließen Dazwischen patroullierten Uniformierte mit kaltem Blick und den Maschinengewehren im Anschlag. Durch all den Konsumlärm dräute eine Melodie an uns heran. Und dann habe ich ihn gesehen, meinen weißen Elephant.
* Titel in Anlehnung an Rainer Maria Rilkes „Das Karussell“