„Ich glaube, in der Ignoranz des Menschen wohnt der Grund seiner Übelkeit.“ Mein Blick bleibt an sein elegantes Fingergelenk geheftet, das bei dem ausgerotzten Wort ‚Übelkeit‘ aprupt abknickte. ‚Er kann mit seinen Fingern sprechen‘, denke ich und lausche und sehe ihm weiter zu. Die Pause unseres Nachsinnens ist angenehm temperiert von Frühlingsdüften und diesen unvergleichlichen Klängen einer Weidemondnacht. Ich verspüre die Sehnsucht nach einer Rückspultaste für den Moment, nur um noch intensiver auf seine Fingersprache achten zu können. Die ‚Ignoranz‘ war vermutlich ein geradeaus gestreckter Mittelfinger und bei ‚Menschen‘ zeugte der Zeigefinger von Obacht. ‚Kleiner Finger, lache nicht!‘ denke ich unwillkürlich an diesen immer gültigen Spruch von Ominkel, der auch ohne dem drohenden ‚l‘ gesprochen seine Wirkung nicht verfehlt. Ein gütiger Spruch. Ich fange an zu kichern.
Augenblicklich übersetzen seine Hände die bebenden Laute meiner Schulterblätter, erspüren die giggelnden Konsonantentänze und fügen sanft streichend einige Vokale in ihrer so ganz eigenen Sprache hinzu, bis ich unter drei Tränen leise explodierend zu ihm aufblicke. „Ja,“ antworte ich. „Unsere Ignoranz wohnt uns inne. Und wirkt heilsam oder giftig. Das Maß zu halten, das ist unser Gebot.“
Vom Balkon des Nachbarhauses schrillt eine zänkische Stimme zu uns herunter, ein Telephon zerbirst die Nacht und irgendjemand schmeißt eine Kippe achtlos auf uns herab.
„Ich denke so oft an den Taschentuchbaum, wie es war, ihn mit meinen Füßen zu finden und wie er uns dann kathedralte und dieses Licht…“ Seine Finger gedeihen bei diesen Worten meine Halswölbung an. Flüstern Fragen in mich, die ich nie beantworten kann. Ich seufze. Und dann sind wir eine Weile alle still.