bittemito

Alternativ? Ja, gerne! Aber nicht rechtsalternativ.

Da schwebe ich noch immer in den schönen Bildern des vergangenen Wochenendes, freue mich über kreative Plakate und klasse Bekenntnisse und dann pupillenschubst mich das manchmal doch grandiose Internetz auf diese famose Seite. Und ich fange an zu basteln:

Das macht soviel Spaß, ich kann gar nicht aufhören:

Gerne stelle ich diese Vorlagen zur freien Verfügung. Und denke mir einfach weitere aus. Auch das ist ein aktiver Protest.

 

 

 

 

Weil jede Stimme zählt…

Ich habe gezweifelt, mich geschämt und mußte oftmals um meine Fassung ringen in den letzten Monaten. Schaffte es doch immer wieder in die sichere Wärme des Optimismus zu gelangen. Auch dank meiner Herzensmenschen. Aber feine Stiche des Zweifels blieben und eine große Verwunderung, wie verschieden wir doch die eine gleiche Welt betrachten können. Und wie unbeugsam hartnäckig Dummheit sich geben kann. Starrsinn durch Irrsinn. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Weitsicht, Demut und Toleranz schienen verloren in diesen Tagen.

Der August und September des letzten Jahres verflogen in plötzlich angetragenem Ehrenamt. Zwei Frauen waren wir, die einen augenscheinlichen Unsinn nicht hinnehmen wollten. Teilten unsere Fassungslosigkeit über ein geplantes Verkehrskonzept in der Zweistromgemeinde. Es war hanebüchener Schreibtischmist, was wir da zu Augen bekamen. Da muß man doch was machen! Aber was? Anrufe, Nachfragen… ach. Gespräche allerorten und siehe da, wir waren nicht alleine in unserer Ratlosigkeit. Ich gestaltete erste Flyer, Einladungen und wir fanden zusammen: Sich zunächst fremde Menschen saßen an einem runden Tisch und begannen, Widerstand zu formen. Sachlich bestimmt und freundlich zugetan. Binnen kurzmöglichster Zeit informierten wir uns, formulierten ein Bürgerbegehren, erstellten korrekte Anschreiben und Listen und sammelten damit mehr als die notwendigen Unterschriften. Fristgerecht gaben wir unser Nichteinverständnis mit irrsinniger Verkehrsführung, großen Umwegen und immenser Geldverschwendung ab. Es folgte ein Winter im Wartemodus mit eiskaltem Windstößen der Bürokratie.

Wenn Sie mal fast am Verzweifeln sind, bei den Arolsen-Archiven gibt es stumme Schriftzeugnisse für Demut und Dankbarkeit in Friedenszeiten. Mein tosend Herz beruhigt sich beim stillen Abtippen von Namen und Zahlen. Opfer und Überlebende des großen Grauens. Trauern um fremde Menschen, die meines Großvaters und Onkels Feinde werden mußten. Ich schreibe die Namen nun für andere Enkel und Nichten oder Neffen. Sie können auch Karteien von Schiffspassagieren übertragen, jeder Name zählt.

https://everynamecounts.arolsen-archives.org/

Die Welt dreht sich weiter. Schlingernd in noch einen sinnlosen Krieg, den erneut niemand gewinnen kann. Gewinnen tun nur die Kriegstreiber, die nicht in Frieden leben wollen. Weil in Frieden weniger Geld zu verdienen ist. Deutschland wird wieder zum Aufrüstungsland, der Ton wird noch rauher. Die Kreuze auf den Wahlzetteln beim Auszählen ein weiterer Schock. Meine kleine selbst gewählte Heimat als Spiegel des Zeitgeistes. Das Ringen um Fassung ging schließlich fast unter im Dröhnen der Traktoren und im Dieselgestank. Galgensymbole und Zielscheiben mit Menschengesichtern darauf, Blockaden und tosender Lärm… Ich zürnte und schämte mich. Verzweiflung dräute an mein Herz und ließ Augenwasser steigen.

Letztes Wochenende habe ich wieder weinen müssen. Es waren Tränen der Erleichterung und des guten Mutes, die mir die Wangen benetzten. So viele Menschen, so friedlich und ruhig. Sie standen, sie gingen, sie zeigten sich. Endlich! Ich danke jedem einzelnen von Herzen und ermutige sie: „Machen Sie weiter! Bleiben Sie wach und schauen Sie, wo Sie helfen können. Engagieren Sie sich, leisten Sie Ehrenamt und lassen Sie sich bitte nicht unterkriegen. Veränderung kommt nur von unten und jeder einzelne wird gebraucht.“

Heute barst wieder einer meiner Verzweiflungsringe: Unserem Bürgerbegehren wurde stattgegeben, das bisherige Verkehrskonzept wird gestoppt und unter Bürgerbeteiligung neu aufgestellt. Jetzt fängt die Arbeit erst richtig an. Ich bin frischen Mutes.

Naturschutzgebiet im kleinsten Sinne

Ein braunkleines Huschen nur, mehr augenwinkelig wahrgenommen als wirklich gesehen. Gehört hatte ich sein keckes Schimpfen schon vorher, doch mein Ohrenmerk war von der klingenden Axt abgelenkt. Holz für den Ofen zu spalten war wichtigeres Tun. Die duftendharzige Last trug ich öfchenwärts und erst dabei brachte mein Kopf die Wahrnehmungen zusammen: Ein Zaunkönig war soeben in die Blumenwerkstatt geflogen. Kleine Türöffnung nur, so großes trügerisch helles Glas als vermeintliches Fenster zur Freiheit… ich flüsterte nur… bitte nicht. Fliege nicht gegen die Scheibe, mein kleiner verwegener Freund. Machte mich kleiner, als ich je gewesen hätte sein können. Zaunkönigkronenklein. Schlich zur Tür hinaus, betend, ihm den Weg zu weisen.

Dann banges Stehen und stumm bittendes Schauen: Komm, folge mir, fliege einfach heraus. Komm, mein verwegenster aller gefiederten Freunde… Kundschaft näherte sich und mein Barmen mischte sich mit Entschlossenheit. Nein, das geht jetzt nicht. Ich kann Ihnen gerade keinen Blumenstrauß binden. Wir müssen warten, bis der Zaunkönig wieder rausfindet. Tut mir leid.

Und wir warteten. Die Dame und ich. Dann ein Raunen ihrerseits: Einen Zaunkönig habe sie zuletzt als Kind gesehen. Ob ich denn sicher sei… Ja, antwortete ich. Schließlich ist er der verwegenste meiner Freunde. Beflüsterte weiter seinen ungewohnten Weg und hauchte Hindernisse von dannen. Die fremde Stimme neben mir murmelte sich ein in meine libertasische Fürbitte: Komm, du freiester aller Gefiederten, du mein erhabener Winterfreund. Sei mir Herzensfreude und Pupillenglück… ob ich denn wirklich glaube, dass ich ihn so heraustuscheln kann… Oh, ich glaube, ich hab ihn eben raushuschen gesehen!

Während ich Zeitchen später glücklich einen formidablen Winterstrauß für die Dame band, durfte sie im Garten den Zaunkönigfreund bestaunen. Ich hatte ihr aus gebührender Entfernung seine Lieblingsplätze gezeigt, die bestreuten geschützten Futternischen und die Wasserstellen, die ich täglich mehrmals auftaue. Und weitere Geduld angemahnt. Als sie beseelt kam, die Blumen entgegen zu nehmen, glühten ihre Wangen vor heißer Winterfreude: Sie sah ihn, den kecken Königsburschen. Nicht nur am Zaun, auch strauchwärts herrschend. Und auch ein Rotkehlchen hätte ihm seine Aufwartung gemacht… Moment, lachte ich: Das schaut doch allerorten immer mal hin, auf dass keinem Menschen Unrecht geschehe. Schließlich sind auch wir Teil von jedwedem noch so kleinen Naturschutzgebiet.

Ich schäme mich

Stolz bin ich auf meine Ausbildung zur Bäuerin. Trecker fahren konnte ich schon lange vor meinem Facharbeiterbrief. Lernte Fruchtfolgen, Sortenreinheit und ehrte das Stoppeln. Wir haben Kühe von Hand ausgemolken und wildjunge Färsen zugeritten. Tagelang die ewigen Reihen von Rüben mit der Hacke verzogen. Von der Schule ging‘s auf den Acker, Kartoffelkäfer von den junggrün üppigen Kartoffelhügeln abzulesen. Ein paar Pfennig für die volle Büchse. Zum Schlachtfest flüchtete ich als Kind vor dem Todesweinen der Schweine und kehrte doch zum Hof zurück, um Blutsuppe anzurühren. Delikaten Kaninchenbraten aß ich anfangs unter Tränen.

Hütete Enten, Kaninchen, Gänse und Schafe. Hühner mussten nicht gehütet werden, nur bewacht. Schneller sein als Marder, Fuchs und Räuber aus der Stadt. Lernte von meiner Oma, wie man Brennesseln von unten angreift und sie mit nackter Hand für die Gössel rebelt. Rüben häckseln für die Bullen, Kartoffeln dämpfen und dann stampfen für die Schweine. Gras sensen, frisch verfüttern oder trocknen lassen. Ständig mit dem Rechen wenden. Heu. Ach, das wunderbare Heu im Sommer. Hoch auf dem gelbgrünen Wagen. Packen mit Hand und Arm und dann feste getreten. Bollestolz schunkelnd obendrauf ins Dorf zurück. Zerstochen und zerkratzt auch die Beene. Der Beenebaumelbach war Linderung und Warnung zugleich.

Wir fingen Fische und aßen Kartoffeln frisch vom Feld, gegart im Kartoffelkrautfeuer. Erdbeeren, Kirschen, Petersilie, Salat, Erbsen, Kohl, Marunken; alles hatte seine Zeit. Bohnen, Zwiebeln, Äpfel und Birnen, alles bedeutete Arbeit. Und den dazu gehörigen Genuß. Was haben wir alles für den Winter eingeweckt, vorgegart oder eingekocht. Geräuchert, gepökelt oder gesäuert. Viele Handgriffe sind mir innig eingewoben. Noch heute entkerne ich Sauerkirschen von Hand mit einem selbst gebogenem Draht, der in einem Korken steckt. Kenne Fruchtfolgen und halte mich dran. Dünge mein klein bißchen mir anvertrautes Land mit eigenem Kompost, Pferdemist, Kuhhorn und sonst nix. Freue mich über jedwede Ernte und teile diese gerne mit lieben Menschen.

Trecker fahren könnte ich vielleicht immer noch. Obwohl, ich weiß es angesicht der Bilder nicht. Diese Monstermaschinen, die alles zerwalzen und verdichten… Subventioniert, gefördert und von der EU unterstützt, die sie am liebsten abschaffen wollen. Sie, die rechten Geiferer und Aufputscher. Und es tut mir entsetzlich weh, was da im Namen der Bauern geschieht. Ja, die Zeiten sind andere. Meinen Heilewelthof gibt es ja auch nicht mehr. Aber wo bleiben Anstand, Dankbarkeit und Moral? Wir waren mal die Pfleger, Hüter und Heger. Und jetzt Zerstörer, Pöbler und Hetzer? Ich schäme mich. Für Schlüttsiel und alles, was nun kommen mag.

Tonspuren aus der Wortlosigkeit

Da wirft einer so lässig ein Fragestöckchen hin und plötzlich hab ich Lust es aufzunehmen. Kommentar schreiben ist wohl wie Fahrradfahren. Nach langer Pause eiern die Worträder noch ein wenig, die Letternlenkung arg wackelig, aber es geht… Moooment, eigentlich könnte ich doch daraus einen eigenen Beitrag erstellen…. Kurz noch die WordPresskette ölen, ordentlich Luft auf die Editorreifen gepumpt und los gehts:

Meine Jugendhit-CD, die den Test der Zeit gut überstand: Eine Platte. Selbstgekauft. „Kille Kille“ von PANKOW. Davon die „Wundersame Geschichte von Gabi“ mein ganz persönlicher Hit.

Meine Band, die mich mit 15 prägte und der ich treu blieb: Doch. Beatles. Letzthin bei einer Veranstaltung des großartigen Volker Rebell laut, schief und innig mitgesungen. Ganz wundervoll! Und mit steigendem Augenwasser bei „Now and then“…

Guilty Pleasure: „Der letzte Kunde“ von Silly. Weil es nicht der Silly-Sound ist, den ich bis heute liebe, aber mein erster Ohrkontakt.

Krassester Stilgegensatz in meinem CD-Regal: Schubert und System of a Down

Früher mal sehr gemocht – heute überhaupt nicht mehr nötig: U2

Wichtigste deutsche Band: Die Ärzte

Wichtigster deutscher Solokünstler: Klaus Hoffmann

Schönstes Deutschrockalbum (west): „Keine Macht für Niemand“ von TonSteineScherben

Schönstes Deutschrockalbum (ost): Silly „Mont Klamott“

Mein derzeitiges Lieblingsalbum deutscher Zunge: „Kille Kille“. Immer. Noch. Fängt an zu singen: „Komm Karlineken, komm Karlineken, komm, wir wolln zu Pankow gehen…“

Mein zeitlich längstes Fantum war/ist: Die Ärzte und Dead can dance

Schutzschildmugge: Dead can dance bei Bedürfnis nach einem Ruheschild. Haben mich wieder sicher durch die Advents- und Weihnachtstage gebracht. Bei Zornesanfällen bevorzugt die innere Schildmaid System of a Down.

Textlich sehr positiv überrascht hat mich: Jupiter Jones. Hören Sie mal genau hin bei : “Rennen und Stolpern“ oder „ImmerFürImmer“ oder „Alter Mann, was nun?“ oder „Sonne? Scheint!“ oder oder oder…

Musikalisch sehr positiv überrascht hat mich: Der Moderator Volker Rebell mit seiner unbändigen Liebe zur Musik und dass ich dadurch die Rolling Stones mögen lernte. Ich wünsche mir, es gäbe mehr Menschen seines bedingungslosen Musikverständnisses. Er bringt mich zum Singen. Öffentlich. Gemeinsam mit anderen Menschen. Es ist fabulös!

Momentan entdecke ich gerade: Auf dem Blog des respektablen Fragestellers das Duett von Shane McGowan und Nick Cave. Obgleich ich beide sehr schätze, kannte ich das nicht. Verrückt.

Vielen Dank, Herr Bludgeon. Das hat mir Augen- und Ohrenfreude bereitet. Und Schreibblockaden gemildert. Fetzt!

Allen Wortmaiden und Satzgesellen wünsche ich einen friedvollen Jahreswechsel und mögen Ihnen im neuen Jahre mannigfaltige gute Zeiten blühen.

Wenn Ihnen auch das noch zu konsumistisch erscheint, hier zwo Links für prima angelegtes Geld:

Brot statt Böller oder Politische Schönheit