Vom Sog des Friedens
von Käthe Knobloch
Ich mag nicht schreiben in Zeiten, da Sätze wie Granaten hageln und ein einzelner Buchstabe einer Patrone gleicht. Auslöschen, vernichten, die Trichter der Unvernunft kratern sich aus und wehe, du bewegst dich eben an den Rändern. Der Sog ist stark, ein falsches Wort, ein schwebendes Zeichen…~ die Balance ist hinfort. Krieg tobt in jedem von uns. Gut und Böse. Das Bild vom Wolf, den wir in uns füttern, es ist falsch. Denn Wölfe sind beides nicht. Sie sind einfach Wölfe. Doch scheinbar brauchen wir Menschen solche Denkbilder, um nicht ganz den Glauben an uns selbst zu verlieren. Gut sein wird nicht erst jetzt medial korrumpiert und das Böse schuf immer schon Neues. Die Geschwindigkeit und der Rausch der Aggression, diese söllten uns das Fürchten lehren.
Heute saß eine sehr dünne Frau schluchzend in unserem Garten. Das Hoftor stand wie immer offen, ich ging, um Wäsche zu hängen. Da sah ich sie und hielt inne. Wie ein geprügelter Hund sprang sie auf und bat um Verzeihung. Die schönen Blumen, die bereiteten Beete, sie habe ihre Fassung verloren. Gärtnerin sei sie einst gewesen, bevor…. Ihr flirrender Blick war Antwort genug. Ich bot an: Ein Glas Wasser, noch ein, zwei Momente im Garten. Ein Brot vielleicht? Brauchen Sie anderweitig Hilfe? Das Wasser und die Gartenpause nahm sie an, trank durstig. Setzte sich wieder auf die sonnenwarme Bank. Hielt für sich selbst wispernd Rat. Ich wartete stumm. Nein, nichts essen. Entzug tut weh im Bauch. Sie wolle zurück nach Frankfurt.
Ich begleitete sie in Richtung Bahnhof und ließ sie gehen. Das Bewegen an den Rändern der Vernunft ist so fragil. Wie das Schreiben über Krieg und Frieden.
Ich erfuhr Einzelheiten über die Ertrunkenen in der Ostsee während des kalten Krieges. Diese Bilder teile ich bewußt nicht hier mit Ihnen. Seit Jahren ersaufen Menschen im Mittelmeer. Diese Bilder könnten wir alle tagtäglich wahrnehmen. Jetzt wurde ein Krieg heiß geschürt und wir legen unseren berechtigten Zorn noch obenauf.
Der Sog des Friedens möge in unserem Inneren wirken.
Der Sog des Friedens, ein starker, mitmachender Satz, Werteste. Und die Bilder, die Sie in Ihrem Beitrag schufen, bleiben haften. Wut, Zorn, Verzweiflung haben reiche Ernte eingefahren. Hoffnung und Zuversicht hängen wie immer von anderen, größeren Mächten ab. Das Eine ist: Wir überleben, das Andere: Wieviel Blutzoll andere Menschen für dieses Überleben entrichten, entrichten können, ohne das die Ukraine als unabhängiger, souveräner Staat dabei untergeht. Lieben Dank, dass Sie sich, nach langer Zeit wieder äußern. Ich habe Sie vermisst.
Liebe Grüße
A.S.
Mit Mut mitmachen. Deucht mich, eine treffliche Ergänzung zu sein, mein lieber Achim. Mutanfälle. Deshalb auch das Schreiben in wortlosen Zeiten. Ein Versuch, ein wehes Buchstabenringen. Und immer mit dem Wissen, nicht genug zu wissen.
Danke für das Vermissen. Ich las ab und an mit, doch Worte fehlen allzuoft.
Bleiben Sie wohlauf und gefasst, das wünsche ich von ganzem Herzen. Wie stets, die Ihre.
„Mutmachender“ muss es natürlich heißen.
Hatte mich schon gefragt, wie es dir/bei euch geht. Danke. 🌼🧡🦋
Danke, liebe Christiane. Es geht uns gut trotz alledem. Wir arbeiten mit Verve an der Fertigstellung der Räumlichkeiten im alten Haus. Jetzt dennoch eine ersehnte Pause. Salzwasser wird heilsam sein.
Liebe Grüße gen Norden und bleibe bitte auch wohlauf.
Alles Liebe, Deine Käthe.
Liebe Käthe,
Es sind Zeiten, in denen Gedichte bluten und der Wunsch nach einem Frieden, der sich zum Sog auswächst, übermächtig wird.
Die Feder ist mächtiger als das Schwert. Daran will ich glauben.
Liebe Grüße
Amélie 🌸
Es ist gut, wie du das machst, die Türe offen halten, Wasser und dein Ohr und deine Hand anbieten, auch das ist Frieden.