„Das wird man ja nochmal sagen dürfen!“ Nein!!!

von Käthe Knobloch

1986: „Negermatratze!“

Vom Provinzdorf ins weltoffene Dresden ziehend, glaubte ich den engen Moralkorsetten, die ohnehin nur scheinmoralisch waren, entkommen zu sein. Freiheit, Kultur, Bildung und dies alles einhergehend mit gelebter Toleranz warteten mit weit offenen Armen auf mich. Dachte ich zumindest, im eigenen Dorfe schief beblickt ob meines Gruftiaussehens. Nunja, die Arme blieben abwartend verschränkt. Vorerst. Das änderte sich, als ich Freundschaft mit einem Madgerman, einem Gastarbeiter aus Mosambik schloß. Bald wurden aus ausgestreckten Zeigefingerarmen erbost geballte Fäuste und ich wurde wie oben erwähnt tituliert. Weil man das ja wohl so sagen könnte.  Alberto, ganz sicher bin ich mir nicht mehr ob seines Namens, verschwand einfach aus meinem Leben. Und zwar bevor wir je hätten eine Matratze uns teilen können.

1991: „Kanakenflittchen!“

Nach verschiedentlicher, auch unfreiwilliger Matratzenteilung mit deutschen Männern, wobei ich seltsamerweise nie als Sachsenhure oder Schwabenschlampe bezeichnet wurde; und ziemlich enttäuscht von protzblöder Männlichkeit war, lernte ich Murat kennen. Während ich mit einer Frau liiert war. Aber das ist im Grunde eine andere Geschichte. Interessant daran und deshalb hierher gehörend ist die nun folgende oben benannte Titulierung für uns beiden Frauen. Die schwäbelnde Biederlichkeit zerriß sich über uns die Mäuler, als ahnte sie von unserer zeitweiligen Dreieinigkeit. Die zuerst weit offenen Arme verschränkten sich abweisend, als wir die plumpen Avancen aufgrund unserer scheinbaren Leichthabbarkeit abwehrten. Tja, dann wird man das ja woll mal sagen dürfen. Wobei hier natürlich eher die Matratzenbezeichnung gepaßt hätte.

2016: „Kameltreiberbitch!“

Und nun das. Es wurde mir nicht ins Gesicht gesagt, mehr so hintenrum angetragen. Es könnte so wirken, das wird man ja mal sagen dürfen. Weil ich ja immer mit diesem komischen Schwarzkopp rumstünde und quatschte und der andere, auch so ein Dunkler, der wurde schon oft am Floratelier gesehen… „Ramsi,“ sage ich der besorgten Draufhinweiserin „der heißt Ramsi und das andere muß dann mein Freund Sahed sein. Der macht mir Komplimente wie aus Tausendundeiner Nacht.“ Dem jungen Mädchen bleibt der Mund offen stehen. Dann fängt es an zu drucksen von Dassagtmanhaltso und Nichtsoschlimmgemeint…

Nein!!!

Rassismus und Sexismus sind Ausgeburten von Dummheit und Kleingeistigkeit. Alles, was in deren Namen gedacht oder gar ausgesprochen wird ist verachtenswert und unentschuldbar. Und weder Herkunft oder Zeit dürfen ein Grund dafür sein. Ganz schlimm ist es, wenn diese Geschwister sich vereinen, also Sexismus unter des Rassissmus‘ Schöße kriecht. Dann wird es brandgefährlich. Nur wir selbst können diesem Tun Einhalt gebieten, der Staat versagt hier jämmerlich, wie man in Sachsen sieht. Das alles und noch viel mehr scharfpfeile ich dem Mädchen entgegen, bis es fast in Tränen ausbricht. Ja, Dummheit muß wehtun, sonst baut sie sich ein Wohlfühlnest. Machts sich behaglich an Stammtischen und in Foren, beäugt argwöhnisch jede Kopftuchträgerin und suhlt sich im eigenen Bessermenschsein. Beklatscht die falschen Götzen und will wieder und wieder auch mal etwas sagen dürfen. Etwas Dummes halt. Es kann nur eine Antwort geben: Nein!!!