Verwegene Verse XXVIII

von Käthe Knobloch

Jüngst besuchte mich unverhofft ein Vielbunttintengeselle,

übertrat breitgrinsend flächentätowiert meine Schwelle.

Zunächst nur die ladenflächige, glöckchenbeglitten,

doch dann meine miederbiedrige eigene, unbestritten.

Wir lachten und scherzten und warm ward’s im Herzen.

Und bald auch anderswo! Nein, es war nicht im Märzen,

wo wunderliche Gefühlsdusseleien sich keck umschlingen

und Vorfrühlingsgesäuseltechtelmechtellieder erklingen.

Auch war der Bursche noch ein ganz junger, liebfeiner,

so altersmäßig schier ein Söhnchen von meinereiner,

doch brachte er mich alsbald heftigst zum Erröten,

verdammt, alle Contenance war da bebend vonnöten!

Ich hing wie gebannt an seinen Weichlächellippen……

(Es fällt mir sehr schwer, dies‘ jetzt wirklich zu tippen):

Nageln, sagte er, wölle er mich doch einmal zu gernst!

Ja, genauso verdattert schaute ich auch wohl, im Ernst.

Er grinste nur weiter, verwegenfrechwild und gewinnend,

ich, mich zwingend auf meine Biedermiedrigkeit besinnend

protestierte schwachatmig doch sehrst und betont betulich.

Er sagte was von Termin und Altstichauffrischung und ich,

ich erpurpurte weiter und dann dämmerte es mir endlich:

Das war der Tätowierer von Nachbartintenstudio Einstich!

Der hatte meine Alttattoos blitzen gesehen im Sommerlichte.

Nadeln, nicht nageln, so endete meine Schnellstichgeschichte.