Wie man ganz schnell eine Meise kriegt…

von Käthe Knobloch

Das morgendliche Famostagwünschgespräch mit Kalle, dem Stadtcafébesitzer wurde an diesem Tag ungewöhnlich kurz. Er hätte mir einen Pflegling in den Hinterhof gesetzt, ein nächtens auf der Straße rumflatterhüpfendes Vögelein, so zartflaumig piepsendwinzigklein. Ob das okay sei und ich mich da nicht auch auskennen würde, so bei meiner Kleinviehzeugliebe; betreublauaugenmerkte er noch. Flinkfüßig eilte ich in mein hinterhofiges Refugium und da flehpiepste es mir auch schon durch den Gang entgegen. Ein Minimeisenunglückshäufchen hockte ebenerdig, genügend mit Flaum bedeckt um angefaßt zu werden, doch mit zuwenig Federkleid zum selbstständigen Langstreckenflug zurück zum Nest, welches ich vorderhausig im Straßenbaum befindlich wußte. Doch es flehpiepste nicht mir entgegen, sein Klagen galt dem aufgeregten Meisenpapa, der von oben dachwärts auf seinen abenteuerlustigen Sprößling und mich Schwarzmonster herunterschrägblickte. Ich beschloß Zurückhaltung und wurde so Zeuge eines einmaligen Schauspiels. Papa Meise flog unermüdlich, fütterte den Unglücksvogel und lockte ihn immer weiter den Rankefeu hinauf. Manchmal vergaß ich schier mein Tagwerk ob dieses Getues direkt vor meinen staunenden Augen. Doch das Federkügelchen erwies sich als sehr ungeschickt. Beim Versuch, den Hof zu queren, flatterhüpfte es in das Floratelier, dummerweise auch noch in das tiefe Schaufenster. Das rief Mama Meise zusätzlich auf den Plan und dann entspann sich ein Federaufstiebkrakeelszenario der kuriosen Art: Kleindoofi im Fenster, lautschimpfend und immer wieder meinen Greifversuchen entflatterhüpfend, ich Großdoofi sanftbeherrscht fluchend wegen meines idiotischen Türschließvergessens und vor dem Fenster ein Entsetztmeisenpaar, an der Scheibe hochundrunterflügelschlagend. Ich weiß nicht wie lange wir uns aneinander zermürbten, aber irgendwann hockte ein bebendes Federhäufchen auf meinem linken lederbeschuhtem Fuße und beglückte mich mit einem Miniangstschiss. Die Gelegenheit, beherzt zuzugreifen. Und seitdem weiß ich, wie man ganz schnell eine Meise kriegen kann.

Ich setzte das Bebendbündel in den Efeu und den Rest des Tages blieb es da versteckt, vom Papa weiter fleißig befüttert. Am nächsten Tag wiederholte sich das Schauspiel von Fütterey und Flugübungen und nachmittags war der Jungspund fit genug, um die Heimreise anzutreten. Vorher posierte er aber noch ein wenig…